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Vor- und Nachteile des billigen Baugelds

Die Europäische Zentralbank hat das Geld billiger gemacht. Für die meisten ist die Zinssenkung kein Grund zur Freude. Nur die Häuslebauer profitieren von Immobilienkrediten, denn die sind so günstig wie nie zuvor.

Von Michael Braun | 08.05.2013
    Die jüngste Zinssenkung der EZB hat die Hypothekenzinsen kalt gelassen. Sie fallen schon seit Langem, von 2,94 Prozent für eine Hypothek mit 10 Jahren Zinsbindung vor einem Jahr auf nun 2,34 Prozent. Eine weitere Zinssenkung der EZB, so Juan Aragon Lopez von der Frankfurter Volksbank, werde Baugeld kaum weiter verbilligen, denn Leitzinsen seien vor allem der Preis für das Geld, das sich Banken für kurze Zeit bei der EZB ausliehen:

    "Daher sind auch bei Veränderung der Leitzinsen auch die kurzfristigen Kredite betroffen und nicht die langfristigen Kredite."

    Wenn Baugeld billig ist und kaum mehr billiger wird, sollten Immobilienkäufer auf anderes achten. Etwa auf Qualität und Preis der Wohnung oder des Hauses, das sie im Blick haben. Die Flucht ins Betongold, in Ballungszentren auch die große Nachfrage der Singlehaushalte haben das Angebot schon verknappt:

    "Gute Objekte werden unter der Hand vergeben. Die erscheinen gar nicht in der Zeitung. Und nur die weniger guten Angebote findet man, wo man vielleicht einen Anleger sucht, der da einsteigen möchte."

    Sagt Max Herbst von der FMH Finanzberatung. Wer dennoch zuschlagen möchte, sollte nicht nur an die Finanzierung denken, sondern auch an deren Ende. Der niedrige Zins sollte nicht zur Akzeptanz höherer Preise verführen, meint Aragon Lopez. Er berichtet:

    "Dass ich bei einer Wohnbaufinanzierung dazu rate, dass spätestens im Renteneintrittsalter die Entschuldung stattgefunden haben sollte."

    Wer einen Kredit von 250.000 Euro mit nur einem Prozent jährlich tilgt, hat nach 20 Jahren noch eine Restschuld von gut 164.000 Euro. Erst eine Tilgungsleistung von drei Prozent jährlich führt zu einer Restschuld von Null – nach 20 Jahren. Eine lange Zeit, weshalb auch Herbert Groh, Vertriebsleiter bei der Frankfurter Sparkasse, dazu rät, die niedrigen Zinsen zu schnellerer Tilgung zu nutzen:

    "In der jetzigen Zinsphase empfehlen wir unseren Kunden, nicht den vor Jahren noch üblichen Tilgungssatz von einem Prozent, sondern zwei, drei und eventuell sogar auch vier Prozent, um das niedrige Zinsniveau dafür auszunutzen, das Darlehen schneller als sonst zu tilgen."

    Wenig Sinn macht es, alte Verträge mit noch hohen Zinsen und noch langer Restlaufzeit vorzeitig zu kündigen. Denn die Kreditinstitute sagen, sie hätten sich für die früher verabredete Laufzeit refinanziert, müssten diese Verträge auch einhalten, könnten die also nicht einfach kündigen. Also verlangen sie von dem, der den Kredit vorzeitig kündigt, eine sogenannte Vorfälligkeitsentscheidung. Aragan Lopez nennt sie auch Zinsdifferenz. Und rät von vorzeitiger Kündigung ab:

    "In der Regel lohnt es sich nicht, weil zur Zinsdifferenz, zu diesen eventuellen Kosten, noch weitere Kosten hinzukommen können. Und trotz eines nachfolgenden niedrigen Zinssatzes kann es dann sein, dass Sie höhere Kosten insgesamt haben."

    Im Moment gilt also: Das historisch niedrige Zinsniveau für lange Zinsbindung nutzen, keine inflationären Objektpreise zahlen, dafür die Tilgung beschleunigen. Und hoffen, dass für unvorhersehbare Einschnitte, sei es Arbeitslosigkeit oder Scheidung, auch bei lang laufenden Kreditverträgen eine Lösung gefunden wird.