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Wahl in Österreich
Van der Bellen zum Bundespräsidenten gewählt

Der Politiker Alexander Van der Bellen ist zum neuen Bundespräsidenten Österreichs gewählt worden. Nach Auszählung der Briefwahlstimmen kommt der ehemalige Grünen-Chef auf rund 50,3 Prozent der Stimmen. Sein Konkurrent Norbert Hofer gestand seine Niederlage bereits ein.

23.05.2016
    Der künftige österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach seinem Wahlsieg am 23.05.2016.
    Der ehemalige österreichische Grünen-Chef Alexander Van der Bellen wird neuer Bundespräsident Österreichs. (picture alliance / dpa / Christian Bruna)
    Rund 30.000 von insgesamt 4,6 Millionen abgegebenen Stimmen machten am Ende den Unterschied, wie das Innenministerium in Wien mitteilte. Nach dem Ergebnis des Urnengangs gestern hatte der ehemalige Grünen-Chef Alexander Van der Bellen noch zurückgelegen. Der 72-Jährige hatte dort nur gut 48 Prozent der Stimmen bekommen, der Rechtspopulist Hofer von der FPÖ dagegen fast 52 Prozent. Die mehr als 700.000 Briefwahlstimmen haben dies noch einmal gedreht. Hierbei kam Van der Bellen auf eine Zustimmung von 61,7 Prozent - ein deutlicher Vorsprung vor seinem Konkurrenten.
    Screenshot der Briefwahlergebnisse der Bundespräsidentenwahl auf dem Internetauftritt des österreichischen Innenministeriums
    Screenshot der Briefwahlergebnisse der Bundespräsidentenwahl auf dem Internetauftritt des österreichischen Innenministeriums (Screenshot / Bundesinnenministerium Österreich / bmi.gv.at)
    Der Sieger sagte am Abend, dass das Ergebnis seine Verantwortung nur größer mache: "Man kann den Gleichstand auch so sehen: Es sind zwei Hälften, die Österreich ausmachen - und beide sind gleich wichtig", so Van der Bellen. Er wolle als unabhängiger Präsident für alle Österreicher da sein. Außerdem lässt er seine Mitgliedschaft bei den Grünen ruhen.
    FPÖ will Ergebnis prüfen
    Die FPÖ prüft, ob das Wahlergebnis rechtmäßig zustande gekommen ist. Sollte es berechtigte Zweifel wegen Unregelmäßigkeiten geben, werde eine Wahlanfechtung angestrebt, hieß es aus der Partei. Das endgültige Ergebnis soll nach Angaben des Innenministeriums am 1. Juni bekanntgegeben werden.
    Hofer gestand schon vor Verkündung des vorläufigen Endergebnisses bei Facebook seine Niederlage ein. Dort schrieb der 45-Jährige: "Natürlich bin ich heute traurig. Ich hätte gerne für Euch als Bundespräsident auf unser wunderbares Land aufgepasst."
    Österreichs neuer Kanzler Christian Kern (SPÖ) sagte in einer ersten Reaktion, dass die Regierung den Protest der Wähler verstanden habe: "Wir haben gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass sich kein Wähler als Verlierer sieht."
    Die Wahl war international auf großes Interesse gestoßen. So hatte die EU-Kommission deutlich für Van der Bellen geworben. Der 72-Jährige hat sich ausdrücklich zu einem europafreundlichen Kurs bekannt. In der Flüchtlingskrise vertritt Van der Bellen einen moderaten Kurs und ist ein Gegner von Grenzkontrollen und Grenzzäunen.
    Erleichterung in Frankreich
    Im Ausland reagierten viele mit Erleichterung auf die Wahl Van der Bellens. Der französische Präsident François Hollande gratulierte dem Wahlsieger und sagte, er freue sich auf die Zusammenarbeit. Frankreichs Premierminister Manuel Valls zeigte sich "erleichtert", dass die Österreicher "Populismus und Extremismus zurückgewiesen" hätten.
    Ähnlich äußerte sich Bundespräsident Joachim Gauck: "Ich freue mich, dass Sie sich als überzeugter Europäer auch im Rahmen Ihrer neuen Aufgabe für eine starke, verlässliche und langfristig auch vertiefte Europäische Union einsetzen wollen."
    Glückwünsche von deutschen Grünen
    Aus Deutschland gratulierten auch viele Politiker der Grünen dem ehemaligen österreichischen Grünen-Chef.
    Rechtsgerichtete Parteien im Ausland, die sich für Hofer ausgesprochen hatten, betonten vor allem dessen Wahlergebnis. Der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen meinte: "Die große Zustimmung für Hofer macht deutlich, dass immer mehr Menschen Vernunft vor Utopie wählen und sich nicht mehr von Allgemeinplätzen und angeblichen Alternativlosigkeiten beirren lassen." Und auch der rechtsextreme französische Front National betonte die "historische Leistung", die Hofer mit seinem Ergebnis erbracht habe.
    Van der Bellen wird für die nächsten sechs Jahre Staatsoberhaupt Österreichs sein. Am 8. Juli löst er den Sozialdemokraten Heinz Fischer ab, der zwei Amtszeiten Bundespräsident war.
    (pr/tj)