
Auf welches Vorgehen haben sich die Staats- und Regierungschefs geeinigt?
Kiew erhält von der Europäischen Union in den kommenden beiden Jahren einen zinslosen Kredit in Höhe von 90 Milliarden Euro. Er soll den dringendsten Finanzbedarf der Ukraine decken und dem Land eine Fortsetzung seines Abwehrkampfs gegen Russland ermöglichen. Ohne Geld aus der EU könnte die Ukraine schon im April in den Staatsbankrott rutschen.
Woher soll das Geld kommen?
Die EU will das Geld zu günstigen Konditionen am Kapitalmarkt aufnehmen und es dann an die Ukraine weiterreichen. Die Absicherung soll über den EU-Gemeinschaftshaushalt erfolgen. Ungarn, Tschechien und die Slowakei haben allerdings ausgehandelt, nicht an den Kosten beteiligt zu werden.
Spielt das in der EU festgesetzte Zentralbankvermögen keine Rolle mehr?
Doch. Bundeskanzler Merz sagte nach dem Gipfel: "Die EU behält sich ausdrücklich vor: Sollte Russland keine Entschädigung leisten, werden wir – in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht – die russischen Vermögenswerte für die Rückzahlung heranziehen." Die Ukraine wiederum muss das Darlehen erst zurückzahlen, wenn sie Reparationszahlungen aus Moskau erhalten hat. Russland hat so lange keinen Zugriff auf das im Westen gelagerte Geld, bis die Europäische Union ihre Sanktionen gegen das Land aufhebt.
Was war ursprünglich geplant?
Das von Kanzler Merz favorisierte Konzept sah vor, dass die EU das Geld, über das Russland wegen Sanktionsentscheidungen derzeit nicht verfügen kann, in Anleihen tauscht. Diese Mittel sollten dann in Form von Darlehen an die Ukraine weitergereicht werden. Die EU hätte sich also kein Geld auf den Finanzmärkten leihen müssen. Insgesamt sollte es dabei um bis zu 210 Milliarden Euro gehen.
Ist dieses Konzept vollständig vom Tisch?
Offiziell nicht. In der Gipfelerklärung zum Thema werden der Ministerrat und das Europäische Parlament aufgefordert, die Arbeiten an dem Modell fortzusetzen. Vorerst ist eine Umsetzung aber nicht mehr notwendig.
Warum gab es so lange Streit um den Vorschlag?
Vor allem die belgische Regierung blockierte das ursprüngliche Vorhaben mit Verweis auf rechtliche und finanzielle Risiken. In Brüssel hat Euroclear seinen Sitz, wo ein Großteil des eingefrorenen russischen Zentralbankvermögens liegt. Als Folge einer möglichen Haftung fürchtete Belgien um den Fortbestand der Clearinggesellschaft, die dem Land hohe Steuereinnahmen beschert. Ein Schiedsgericht hätte das Vorgehen als illegale Enteignung werten und internationale Anleger hätten das Vertrauen in den europäischen Finanzmarkt verlieren können. Zudem bestand die Sorge, dass Russland Vergeltung übt und bei sich liegende Vermögen europäischer Unternehmen einzieht. Dabei handelt es sich um erwirtschaftete Profite, die derzeit nicht ins Ausland transferiert werden dürfen und die auf russischen Sonderkonten liegen.
Scheiterte der Vorschlag am Ende allein an Belgien?
Nein. Belgiens Regierungschef De Wever hätte ungeachtet der Gefahren zugestimmt - jedoch nur, wenn es einen Schutzmechanismus gegeben hätte, der alle Risiken zeitlich und finanziell unbefristet abdeckt. Nach Angaben von Diplomaten waren unter anderem Paris und Rom nicht bereit, die notwendigen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen.
Kann der Plan der EU die US-Initiative zur Beendigung des russischen Angriffskriegs gefährden?
EU-Ratspräsident Costa sieht dieses Risiko nicht. "Unser Ziel ist nicht, den Krieg zu verlängern. Im Gegenteil: Die heutigen Entscheidungen sind ein entscheidender Beitrag, um einen gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu erreichen", sagte Costa nach dem Gipfel.
Diese Nachricht wurde am 19.12.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.






