Donnerstag, 18. April 2024

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WM 2006
Eine Affäre und kein Ende

Vor einem Jahr legte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sein Amt nieder. Der Auslöser: Die sogenannte "Sommermärchen-Affäre" im Deutschen-Fußball-Bund. Es geht um dubiose Zahlungsflüsse im Umfeld der Heim-WM 2005. Auch wenn der DFB diese Affäre gerne abschütteln würde: Sie holt ihn immer wieder ein – diese Woche an ganz verschiedenen Schauplätzen.

Von Marina Schweizer | 08.11.2016
    Der Vizepräsident des Organisationskomitees für die FIFA-WM 2006, Wolfgang Niersbach, DFB-Präsident Theo Zwanziger, der Präsident des Organisationskomitees für die FIFA-WM 2006, Franz Beckenbauer und DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt
    Der Vizepräsident des Organisationskomitees für die FIFA-WM 2006, Wolfgang Niersbach, DFB-Präsident Theo Zwanziger, der Präsident des Organisationskomitees für die FIFA-WM 2006, Franz Beckenbauer und DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt (picture alliance / dpa)
    Schauplatz 1 ist das Frankfurter Arbeitsgericht. Um was geht es?

    Das ist ein Ausläufer der DFB-Affäre, wenn man so will: Stefan Hans war ja Vize-Generalsekretär. Er wurde vom DFB hinausgeworfen – dieser warf Hans vor, er habe seine Informationspflicht bei der Aufklärung der WM-Affäre verletzt. Angeblich war Stefan Hans im DFB-Archiv auf ein brisantes Dokument gestoßen, das vier Tage vor der WM-Vergabe datierte - darüber habe Hans nicht rechtzeitig informiert.
    Es geht um einen Vertrag mit einer Vereinbarung zwischen WM-Organisationschef Franz Beckenbauer und dem skandalumtosten EX-FIFA Vize Jack Warner – der als möglicher Bestechungsversuch gewertet werden kann. Stefan Hans hat gegen seine fristlose Kündigung geklagt – heute wird entschieden, ob das rechtens war.
    Der DFB kann die Affäre nicht abschütteln, auch weil jetzt ans Licht kam: Nicht nur an Franz Beckenbauer, auch an dessen Vertrauten Radmann sollen hohe Zahlungen geflossen sein. Radmann war doch auch Vize-Chef des WM-Organisationskomitees - Warum ist das so brisant?
    Das eine sind die Zahlungen an sich: Laut des Berichts der Bild-Zeitung soll Radmann ja für seinen Job als Vize-Chef des WM-Organisationskomitees und später als Berater drei Millionen Euro erhalten haben. Es gibt aber offenbar bei DFB nicht für alles genaue Nachweise und Begründungen.
    Man muss wissen: Radmann war 2003 aus dem Organisationskomitee zurückgetreten, weil er nicht wie behauptet all seine Geschäftsbeziehungen offengelegt hatte. Ein halbes Jahr später hat er als Berater wieder angeheuert. Wenn man jetzt sieht, wieviel Geld da wann geflossen sein soll, dann stellt sich schon die Frage: Warum hat Radmann offenbar eine Abfindung über eine Viertelmillion bekommen und warum hat er, wie berichtet wird, noch bis weit nach der WM Zahlungen erhalten?
    Das andere ist die Frage: Wenn es Verträge über solche Zahlungen an Radmann gab, dann müssten sie auch im Abschlussbericht zur WM-Affäre aufgetaucht sein. Sind sie aber nicht.
    Laut dem Bericht konnten viele Verträge ohne Zustimmung des Aufsichtsrates geschlossen werden. Unterschrieben wurden sie angeblich oft nur vom OK-Chef selbst Beckenbauer, gelegentlich zusätzlich vom damaligen DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder.
    Wie erklärt der DFB diese Zahlung?

    In einer ersten Stellungnahme schreibt der DFB Zitat: "Auf welcher inhaltlichen Absprache die Höhe seiner finanziellen Vergütungen damals festgelegt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis". Das ist interessant, denn der DFB stellt sich ja insbesondere seit dem Führungswechsel hin, als habe man alle Hausaufgaben zur Aufklärung der WM-Affäre gemacht.
    Die Marschrichtung des DFB scheint klar: Man stellt auch in der aktuellen Stellungnahme größtmögliche Distanz zu damals her: Die aktuelle Führung des DFB werde in dieser Frage erneut mit zum Teil 15 Jahre zurückliegenden Sachverhalten konfrontiert, für die sie weder Verantwortung trage noch alle voll umfänglichen Hintergründe kenne – heißt es da.