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YouTube-Video der CSU
An Peinlichkeit kaum zu übertreffen

Die CSU-Fraktion im Bundestag hat mit einer eigenen Social-Media-Show viel Kritik auf sich gezogen. Diese Kritik ist berechtigt, findet Arno Orzessek. Dem ersten "CSYou"-Video sei keinerlei brauchbare Botschaft zu entnehmen.

Von Arno Orzessek | 09.09.2019
In der ersten Folge von #CSYOU thematisiert der CSU-Youtuber die Klimabilanz von Gretas Atlantiküberquerung sowie die Reiseaktivitäten der grüner Abgeordneter im Bundestag.
Die CSU versucht, mit "CSYou" in Kontakt mit jungen Wählerinnen und Wählern zu kommen (CSU / youtube)
Ach, schade! Die CSU hatte es doch gut gemeint. Allein dieser Name, der wie der rhetorische Höhepunkt eines politischen Liebesaktes klingt: "CSYou". Hey, das ist verdammt nah dran an "I love you"!
Und wie reagieren die Umturtelten auf das erste "CSYou"-Filmchen? Sie lästern derart ab, und zwar tausendfach, dass schon jetzt feststeht: Begreift man "CSYou" als psychohygienische Müllhalde der Netz-Junkies, ist es ein unübertroffener Erfolg.
Bissige Social-Media-Reaktionen
Der User Keanu B zum Beispiel stöhnt: "Ich habe noch nie getrunken, nach diesem Video werde ich dies [...] ändern müssen, um normal weiterzuleben." Deutlich schlechter ergeht es Lux Tempor: "Hab Krebs bekommen. Im Auge und Ohr. Ein bisschen Hirn ist auch geschmolzen. Anzeige ist raus."
Und glaube niemand, "CSYou" lasse nur junge Leute erschauern. "Heiliges Spaghettimonster, ist das peinlich! Ich muss mich für euch fremdschämen! Dabei bin ich gut über 40", postet StempunkWelten.
Auf dem Weg zum großen PR-Desaster
Wohl wahr, verehrte CSU, das sind teils ganz schön harte Anpfiffe! Insofern schon okay, dass Ihr die Kommentarfunktion zwischendurch abgeschaltet habt.
Das ändert nur nix. Im Ranking der größten PR-Desaster Eurer Partei drängt "CSYou" unaufhaltsam nach vorn. Dabei hatte Angela Merkel noch vor sechs Jahren gewarnt: Das Internet ist "Neuland für uns alle".
Da das World Wide Web damals schon seit 20 Jahren sehr beliebt war, kann Angie mit "uns" eigentlich nur "uns digitale Analphabeten in der Union" gemeint haben.
"Wie ein Wackel-Dackel auf Koks"
Und trotzdem habt Ihr Armin Petschner, Euren Social-Media-Chef, bis zu seiner Blondierung ein Stil-Konkurrent von CDU-Konfirmanden-Darsteller Philipp Amthor, vor die Kamera gestellt.
Aber was heißt "gestellt"? Petschner zappelt in dem Filmchen herum wie ein Wackel-Dackel auf Koks.
Vielleicht, weil er ahnt: Bei einem Wortspiel von der Qualität "Greta Abramowitsch ähäh Thunberg", gemünzt auf Gretas Amerika-Törn per Segeljacht und den Milliardär, fällt sogar seiner Oma das CSU-Parteibuch aus der Hand.
Wenig Inhalt, viel Gejammer
Auch wenn sie dem technisch übergeigten, von sinnlosen Schnitten total zerfetzten Video ansonsten selbst in Zeitlupe keine Botschaft entnehmen könnte. Wir vermuten, der Söder, Markus steckt dahinter. Dass seine Partei so engagiert auf die jungen Leute von heute zielt und sich dabei so tief ins eigene Knie schießt. Söder glaubt nämlich seit 2011, Image-Wechsel sei ähnlich easy wie Schlips-Wechsel.
Als die CSU noch cool war
Damals, kurz nach Fukushima, trug er ja plötzlich grüne Schlipse, um seinen Wandel vom Atomkraft-Saulus zum Windkraft-Paulus zu beweisen.
Aber hat ihn die Nummer irgendwie beschädigt? Nö! Der Mann wurde Ministerpräsident. Und hat als solcher nach der jüngsten Europa-Wahl verkündet, seine Partei müsse "wieder jünger, cooler, offener" werden. Image-Wechsel halt. Er selbst fand die CSU als Halbstarker nämlich so cool, dass über seinem Bett ein Poster von Franz Josef Strauß hing.
Insofern tut es uns für Markus Söder leid, dass "CSYou" nur für wenige Menschen eine solche Herzenssache werden kann wie für ihn einst das Strauß-Poster. Wozu der User Marsbas nicht gehört. Marsbas postete nach der ersten Berührung mit "CSYou": "Bitte hört auf [...]. Da fühlt es sich [ja] besser an, im Hochsommer in die Sonne zu schauen."