Schon 2023 war nach Angaben des Innenministeriums ein Plus von 25 Prozent verzeichnet worden. Beschlossene Gesetzesverschärfungen würden greifen, hieß es. Am häufigsten wurden Betroffene nach Nordmazedonien, Georgien und Österreich abgeschoben. Bei Abschiebungen in EU-Länder geht es in vielen Fällen um Menschen, die wegen eines vorherigen Aufenthalts dort anstatt in Deutschland ihr Asylverfahren durchlaufen müssen.
Nur ein Teil der Menschen, die ausreisepflichtig sind, wird abgeschoben. So gab es im vergangenen Jahr insgesamt 16.430 Abschiebungen. Ende Dezember waren nach Angaben des Bundesinnenministeriums fast 243.000 Menschen ausreisepflichtig, knapp 194.000 von ihnen hatten allerdings eine Duldung und wurden deshalb nicht abgeschoben.
Bundesinnenministerin Faeser kündigte an, in Kürze einen Plan zur Verschärfung des Aufenthaltsrechts vorzulegen. Geplant sei unter anderem, den Tatbestand der Terrorverherrlichung als weiteren Grund für eine Ausweisung ins Gesetz aufzunehmen.
Weniger Asylanträge
Die Zahl der in Deutschland gestellten Asylanträge ist unterdessen rückläufig. Das teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit. Demnach wurden von Januar bis Mai gut 103.000 Erstanträge auf Asyl gestellt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Rückgang um mehr als 17 Prozent. Die meisten Asylbewerber kommen den Angaben zufolge mit rund einem Drittel weiterhin aus Syrien, gefolgt von Afghanistan und der Türkei. Im bisherigen Jahresverlauf erhielten demnach mit knapp 47 Prozent etwas weniger als die Hälfte der Antragssteller einen Schutzstatus.
Abschiebungen nach Afghanistan
Zuletzt hatte Bundeskanzler Scholz erklärt, er wolle auch Abschiebungen von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen. Beide Staaten werden derzeit als zu unsicher eingestuft.
Die in Afghanistan herrschenden Taliban sind nach eigenen Angaben zu Verhandlungen mit Deutschland über die Rücknahme afghanischer Staatsbürger bereit. Ein Taliban-Sprecher schrieb auf der Plattform X, das Islamische Emirat fordere die deutschen Behörden auf, die Angelegenheit im Rahmen konsularischer Beziehungen und auf der Grundlage einer bilateralen Vereinbarung zu regeln.
Außenministerium warnt vor Zusammenarbeit mit Taliban
Das Auswärtige Amt warnt vor einer Zusammenarbeit mit den islamistischen Taliban bei Abschiebungen von Afghanen. Etwaige Rückführungen würden sich die Taliban mindestens durch internationale Anerkennung bezahlen lassen wollen, sagte ein Sprecher des Ministeriums von Außenministerin Baerbock. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Pahlke bezeichnete Scholz' Ankündigung als "realitätsfremd" und juristisch nicht umsetzbar.
Die Bundesregierung pflegt keine diplomatischen Beziehungen zu den Taliban, die im August 2021 die afghanische Regierung gestürzt hatten. Deshalb gibt es Überlegungen, die Abschiebung afghanischer Staatsbürger über Drittländer wie Pakistan zu organisieren. Diese Möglichkeit lehnen die Taliban jedoch offensichtlich ab. Auslieferungen an Drittstaaten seien ein Verstoß gegen geltende Konventionen, hob der Taliban-Sprecher in seiner Mitteilung hervor.
Diese Nachricht wurde am 07.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.