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ZDF-Skandal
Im Dunklen sieht man beim Zweiten besser

Das ZDF hat eingeräumt, dass die Platzierungsliste für die TV-Sendung "Deutschlands Beste!" gefälscht wurde. Ranking-Shows wie diese seien eine Form von Fernsehunterhaltung, auf die man ohnehin gut verzichten könnte. Eine Glosse von Ludger Fittkau.

Von Ludger Fittkau | 17.07.2014
    Moderator Johannes B. Kerner (r) sitzt in Köln (Nordrhein-Westfalen) in der ZDF-Show "Deutschlands Beste - Männer" neben seinen Gästen: Comedian Olaf Schubert (l-r), Comedian Michael «Bully» Herbig, Sportlerin Maria Höfl-Riesch, Journalist Claus Kleber, Sportler Franz Beckenbauer und Moderator Günther Jauch. Im Hintergrund ein Bild von Politiker Helmut Schmidt, der auf Platz Eins gewählt wurde.
    Die ZDF-Show "Deutschlands Beste - Männer" wurde von Johannes B. Kerner moderiert. Zu Gast war unter anderen Journalist Claus Kleber. (picture alliance / dpa / Caroline Seidel)
    Mit dem Zweiten sieht man besser. Aber nur solange, bis man in der Falle steckt. Wer Anfang Juli die ZDF-Shows "Deutschlands Beste" gesehen hat, ist in die Manipulations-Falle gegangen.
    Der Soziologe Niklas Luhmann beschreibt den Weg, der in solche Zwangslagen führt, so: Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch Massenmedien. Andererseits wissen wir so viel über die Massenmedien, dass wir diesen Quellen nicht trauen können.
    Am Anfang des aktuellen ZDF-Manipulationsskandals stand die große Mitmach-Illusion.
    Wir können als Fernsehzuschauer unsere Stimme abgeben. Wir dürfen "Böhse Onkelz" oder auch gute Nachrichten-Onkels wie die Klebers und Klöppels dieser Welt dazu wählen oder auf show-tauglichen Listen hin- und herschieben. Wenn dann aber die Falschen abstimmen, Rechtsradikale etwa oder Freunde der privaten TV-Konkurrenz, dann hilft man in der Unterhaltungsredaktion auf dem Mainzer Lerchenberg eben nach und manipuliert so, dass diejenigen, die man in die Show setzen kann und will, nicht zu weit hinten auf der Liste stehen.
    Unterhaltung in den Massenmedien, so schreibt Niklas Luhmann weiter, ist nicht wie Nachrichten und Berichte auf "Belehrung" ausgerichtet. Doch wenn sich das ZDF schon glaubwürdige Nachrichten-Frontleute wie Claus Kleber vom Flur nebenan in die Unterhaltungsshow holt und damit die Programmbereiche vermischt, dann sollte es zumindest keine dreisten Lügen inszenieren.
    Mit dem Zweiten sieht man besser. Das gilt im Unterhaltungsbereich schon länger nicht mehr. "Wetten Dass..?" - ein Untoter des großen Samstagabend-Familienabends. Auch, weil es die Familienidyllen am Wohnzimmertisch, für die die Show einst gemacht wurde, so wohl längst nicht mehr gibt. "Markus Lanz" - auch die schwärmenden Schwiegermütter gehen abhanden, für die er sich Nacht für Nacht durch den Äther talkt.
    Nicht schön, aber harmlos. Doch vor allem der Fall der umstrittenen Musikband "Böhse Onkelz", die in guter Absicht von den Mainzer-Unterhaltungsstrategen schlechter platziert worden ist, zeigt: Hier kann es schnell politisch heikel werden. Wenn man etwa rechten Demokratiefeinden durch seine Manipulationen Argumente für ihre Verschwörungstheorien liefert.
    TV-Unterhaltung, um noch ein letztes Mal den Bielefelder Soziologen zu bemühen, ist eine Art "Trivialkunst". Das heißt, sie muss nicht künstlerisch bedeutend sein, darf vielleicht sogar platt daherkommen. Doch wenn TV-Unterhaltung rein fiktional ist, wie die Rankings bei "Deutschlands Beste", sollte sie das auch offenlegen.
    Doch ob fiktional oder nicht: Ranking-Shows wie "Deutschlands Beste" sind eine Form von Fernsehunterhaltung, auf die man ohnehin gut verzichten kann. Online-Votings sind groteske Abziehbilder einer Demokratisierung der Medien. Ranking-Shows haben auch nichts mehr zu tun mit unterhaltsamer "Trivialkunst". Schon ohne Manipulationen ist sie dümmlich. Gut, dass das ZDF entschieden hat, die Scheinwerfer für diese Show für immer auszuschalten. Im Dunkeln sieht man in diesem Fall beim Zweiten wohl besser!