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Zirkustiere
Quälerei oder harmloser Spaß?

Affen, Elefanten und Raubtiere - für Zirkusfans ist es ein harmloser Spaß, wenn diese Tiere in der Manege ihre eintrainierten Kunststücke zeigen. Für Tierschützer ist das allerdings Tierquälerei. Sie fordern ein Verbot von Wildtieren im Zirkus.

Von Verena Kemna | 20.08.2014
    Die indische Elefantendame hebt ihren gewaltigen Vorderfuß, lässt ihn für einen kurzen Moment in der Luft schweben, um ihn dann langsam zwischen zwei Artisten zu platzieren, die im Abstand von etwa einem Meter nebeneinander auf dem Boden der Zirkusarena liegen.
    Elvis Errani schafft es, seine indischen Elefanten nur mit Stimme und Gestik, scheinbar unsichtbar, zu dirigieren. Spannung pur für die Zirkusbesucher, die bei dieser außergewöhnlichen Elefantendressur begeistert applaudieren. Doch in den Ohren von Tierschützern hat der Applaus einen schalen Beigeschmack. Regelmäßige Proteste begleiten die reisenden Zirkuswagen, ob es nun kleine Familienunternehmen sind oder große Institutionen wie Zirkus Krone oder der Zirkus Charles Knie.
    Star unter den Raubtierlehrern beteuert Sorge um Wohl der Tiere
    Auch Tom Dieck junior, der mit seiner gemischten Raubtiergruppe durch Deutschland tourt, weiß, dass die Haltung von Wildtieren im Zirkus einen schlechten Ruf hat. Immer wieder kritisieren Tierschützer ständige Ortswechsel, Platzmangel und artfremde Haltung. Tom Dieck junior selbst, beim Zirkusfestival von Monte Carlo mit dem Bronzenen Clown ausgezeichnet, beschreibt auf seiner Internetseite, dass die Sorge um das Wohl der Tiere an erster Stelle steht. Optimale Pflege und Unterbringung seien selbstverständlich, erklärt der Star unter den Raubtierlehrern. Bei einem Gastspiel zeigt er der lokalen Presse bereitwillig die Gehege mit den Löwen und Tigern.
    "Ja, ich bin Tierfreund, Tierschützer, ich lebe mit, von und für meine Tiere. Wenn es denen gut geht, dann geht es mir gut. Das ist halt das A und O warum ich noch Arbeit habe, weil es meinen Tieren gut geht und die gut aussehen."
    Die Raubtiernummer mit zwei weißen Löwen, zwei Tigern, einer Paarung von Löwe und Tiger und fünf Königstigern, ist das i-Tüpfelchen einer prächtigen Zirkusshow wie der des Zirkus Charles Knie. Dort wird mit gemütlicher Zirkusatmosphäre geworben, mit Live-Orchester, dem Duft von Sägespänen, frischem Popcorn, sowie dem Geruch nach exotischen Tieren. Genau diese Mischung macht es aus, davon ist auch Raubtierdompteur Tom Dieck Junior überzeugt.
    "Zirkus ist live und wenn Hochseil- oder Raubtiernummern sind, dann ist das Publikum immer so ein bisschen, na, ja, es könnte doch halt mal was geschehen. Das ist halt immer noch Zirkus."
    Bundestierärztekammer fordert seit Jahren ein Verbot
    Was die begeisterten Zuschauer als spannende Dressur von Wildtieren erleben, ist für Theo Mantel, den Präsidenten der Bundestierärztekammer nichts anderes als ein festgelegtes Bewegungsprogramm. Seit Jahren fordert die Bundestierärztekammer ein Verbot von Wildtieren im reisenden Zirkus.
    "Pauschal kann man sagen, dass in der Mehrzahl der Zirkusse und das gilt speziell für die reisenden Zirkusse keine Möglichkeiten gegeben sind, den Wildtieren das zu bieten, was sie zum Ausleben ihres artgemäßen Verhaltens benötigen."
    Theo Mantel kritisiert den Zirkusklassiker, die gemischte Raubtiergruppe.
    "Wir haben immer feststellen müssen, dass gerade in Zirkussen Tiere zusammen vorgeführt werden, die in der freien Wildbahn nie zusammen leben würden, zum Beispiel eben Tiger und Löwen. Wenn hier Tiger und Bären auf Pferden reiten, das sind alles Dinge, die für die Öffentlichkeit und speziell auch für die Kinder was hermachen, die aber absolut tierwidrig sind."
    Auch der Deutsche Tierschutzbund fordert ein Verbot von Wildtieren im Zirkus. Für den Sprecher Marius Tünte gilt Österreich mit einem grundsätzlichen Wildtierverbot als Vorreiter. Auch in einigen deutschen Städten gibt es bereits Auftrittsverbote für Wildtiernummern.
    "Gerade wenn man überlegt, dass Tiere dabei sind, die im Winter unter diesem Klima hier leiden und die auch viel mehr Bewegung brauchen. Die auch in der Manege nicht arttypische Bewegungen ausführen, sondern gebrochen werden dadurch, dass sie dann reagieren müssen auf das, was der Dompteur von ihnen verlangt. Das sind alles Punkte für uns, die man absolut vermeiden muss."
    Eine bundesweite Initiative für ein grundsätzliches Verbot von Wildtieren halten Tierschutzorganisationen für längst überfällig.