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Zum 100. Geburtstag des Dirigenten Karl Münchinger (1915 - 1990)
Perfektionist jenseits der Extreme

Er zählt zu den Musikern, die in der sprichwörtlichen "Stunde Null" des Jahres 1945 im weitgehend zerstörten Deutschland den künstlerischen Neuanfang wagten: Im Alter von 30 Jahren gründete Karl Münchinger damals sein Stuttgarter Kammerorchester, das in der deutschen Orchesterlandschaft Maßstäbe setzen sollte.

Von Bernd Heyder | 30.04.2015
    Der Dirigent des Stuttgarter Kammerorchesters, Karl Münchinger (r) unterhält sich am 13.07.1968 auf der Burg Hohenzollern in Hechingen mit Prinz Louis Ferdinand von Preußen
    Im Gespräch mit Prinz Louis Ferdinand von Preußen: der Dirigent Karl Münchinger (r) (picture-alliance / dpa / Nöcker)
    Dabei waren dem einstigen Schüler von Carl Leonhardt und Hermann Abendroth eine antiromantische Interpretationshaltung, ein transparenter Klang und eine präzise Spielweise besonders wichtig. Die ließ Münchinger bevorzugt den Werken aus Barock und Klassik angedeihen, vereinzelt auch der klassischen Moderne. Nicht zuletzt mit seinen Bach-Aufnahmen prägte er unter dem Begriff der Werktreue den Interpretationsstil der "Wirtschaftswunder"-Jahre ab 1950. So spielte der Dirigent die Brandenburgischen Konzerte in den vier Jahrzehnten, in denen er sein Orchester leitete, gleich dreimal für die Schallplatte ein. Das Portrait stellt Karl Münchinger, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, ebenso als Hindemith-Interpreten vor wie als Dirigenten romantischer Werke am Pult der Wiener Philharmoniker.