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Zwischen Hochschulfinanzierung und Föderalismus

Hochschulfinanzierung, Beziehung Länder und Bund sowie der Wettbewerbsföderalismus sind nur einige Stichworte, die bei den Koalitionsverhandlungen zur Bildungspolitik auf der Agenda stehen. Ein Blick auf die Positionen von SPD und Union und wo die Schnittmengen sein könnten.

Von Jürgen König | 25.10.2013
    Das bildungspolitische Hauptthema der Koalitionsverhandlungen könnten die Bund/Länder-Beziehungen werden. Die Abschaffung des Kooperationsverbots war ein Wahlkampfthema der SPD. Die Union dagegen will es nur einschränken - zugunsten der Hochschulen. Eine grundsätzliche Neuregelung, so Albert Rupprecht, seit 2009 bildungs- und forschungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, sei überflüssig, der Bund habe doch bereits seit Jahren mit den Ländern gezielt "kooperiert".

    "Wo die SPD recht hat, ist, dass die Schulen und die Hochschulen in der Grundfinanzierung eine angemessene, gute Ausstattung brauchen. Die Frage ist nur: Was ist der Mehrwert und der Vorteil, wenn der Bund das Geld gibt? Ob das Geld von den Ländern kommt oder vom Bund – ist zunächst den Schulen und den Hochschulen mal egal. Wenn wir nicht den Wettbewerbsföderalismus hätten – was wäre denn nach dem PISA-Ergebnis damals passiert?""

    Gerade das wettbewerbliche System zwischen den Ländern habe doch zu großer Dynamik geführt, nicht die Länderkompetenz bei der Bildung sei abzuschaffen, der Wettbewerbsföderalismus müsse gestärkt werden, gleichzeitig sei der Weg zu Transparenz und Vergleichbarkeit etwa bei den Bildungsstandards weiter zu gehen. Der Präsident der Kultusministerkonferenz, die diesen Wettbewerbsföderalismus vertritt, Stephan Dorgerloh von der SPD, Kultusminister Sachsen-Anhalts und mit am Verhandlungstisch - er sieht das ganz anders:

    "Das ist ja sehr deutlich auch im Kreis der KMK, dass wir vor großen Herausforderungen stehen, insbesondere was den weiteren Ausbau der Inklusion angeht, was den Ausbau des Ganztagsschulangebots angeht, was den flächendeckender Einsatz von Schulsozialarbeit angeht – das sind drei ganz wichtige Felder, das muss finanziert werden, da reden wir über einen ordentlichen, zweistelligen Milliardenbetrag, der zu investieren ist, und zwar dauerhaft, und deswegen glaube ich, dass wir um eine Grundgesetzänderung in der kommenden Legislatur ernsthaft reden müssen und die auch sehr frühzeitig auf den Weg zu bringen ist."

    Grundsätzlich haben beide Koalitionäre angekündigt, in Bildung und Forschung investieren zu wollen. Albert Rupprecht von der CSU kann sich zusätzliche 18 Milliarden vorstellen, dem Kollegen Ernst-Dieter Rossmann, in der vergangenen Legislaturperiode bildungs- und forschungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, würde das nicht reichen.

    "In der Perspektive hätten wir als SPD es gerne, wenn auf die nächsten vier Jahre zehn Milliarden zusätzlich an Finanzierung für die Länder ermöglicht wird und zehn Milliarden beim Bund ermöglicht werden. Und damit hätten wir die 20 Milliarden, die wir auch brauchen, um auf den Durchschnitt vergleichbarer Länder zu kommen in der öffentlichen Finanzausstattung für Bildung. Das ist die Ausgangslage, und an der Stelle werden wir sehr, sehr hart kämpfen und verhandeln. "

    Wirkliche Kontroversen um Inhalte wird es zwischen den Koalitionspartnern eher nicht geben. Für die SPD, so Ernst-Dieter Rossmann, seien "extrem wichtig":

    "Die Fragen des BAföG, der sozialen Lage von Studierenden im umfassenden Sinne, die Ausstattung der Hochschulen, die Verbesserung der Gestaltungsmöglichkeiten von Schule in Richtung Ganztagsschule und inklusive Schule und auch die Grundbildung."

    Die "Ziele und die Themen" seien "nicht groß strittig", so Albert Rupprecht von der CSU, nur "in Nuancen" gäbe es "unterschiedliche Einschätzungen". Ein erstaunlicher Satz, erinnert man sich zum Beispiel an die früheren, teils mit ideologischer Härte geführten Debatten über Ganztagsschule.
    "Ganztagsschule, Inklusion und die anderen Themen – in der Sache stimmen wir überein: Wir brauchen diesen Ausbau, diese Weiterentwicklung. Die Frage ist nur noch mal: Welche Ebene wird federführend sich um welches Thema kümmern und es lösen? Es ist nicht zwingend so, dass wir zu jedem Thema das in gemeinsamen Paketen machen müssen. Das Subsidiaritätsprinzip ist bei jedem Thema zu prüfen und zu klären, inwieweit es von Mehrwert ist, wenn wir vonseiten des Bundes uns da mitengagieren."

    Ob mit oder ohne Kooperationsverbot – die möglichen Koalitionspartner halten gleichermaßen die Bildungs- und Forschungspolitik für eines der wichtigsten Politikfelder der kommenden Jahre. Sagen sie jedenfalls. Insofern sollte man einen großen Entwurf erwarten dürfen – ist es doch noch ein weiter Weg zur "Bildungsrepublik Deutschland".