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Zwischenbilanz Doppel-documenta
Vor allem gegenseitige Befruchtung

Alles läuft gut, befand der hessische Landtagsausschuss für Wissenschaft und Kunst bei seiner Reise zum documenta-14-Standort Athen. Und womöglich gibt es auch Möglichkeiten für eine weitere Zusammenarbeit zwischen Kassel und Athen über die documenta hinaus.

Von Ludger Fittkau | 21.06.2017
    Werbung für die internationale Kunstausstellung documenta 14 an einer Bushaltestelle in Athen, aufgenommen am 03.04.2017.
    Werbung für die internationale Kunstausstellung documenta 14 an einer Bushaltestelle in Athen, aufgenommen am 03.04.2017. (picture alliance / dpa / Alexia Angelopoulou)
    Chorgesang zu Bildern aus einer Kupferdrahtfabrik in Afrika. Erste Eindrücke aus dem Museum für Gegenwartskunst – kurz EMST – in Athen. Eindrücke, die der hessische Landtagsausschuss für Wissenschaft und Kunst am griechischen Spielort der documenta 14 in Athen und Kassel sammelt. Diese Reise ist schon deshalb wichtig, weil es in Hessen Diskussionen darüber gab, ob die Doppel-documenta Athen-Kassel dem nordhessischen Traditionsspielort der Weltkunstausstellung schaden könnte. Auch in Griechenland war das Motto der documenta – Von Athen lernen – wegen der andauernden schweren Finanzkrise des Landes teilweise als zynisch betrachtet worden. Das EMST, das Athener Museum für Gegenwartskunst, ist Zentralspielort der documenta in Griechenland. Auf der Busfahrt dorthin erinnert der hessische CDU-Kunstminister Boris Rhein noch einmal an die Kontroversen im Vorfeld der Weltkunstausstellung:
    "Wir hatten in der Tat, bevor die documenta 14 losging, eine ziemlich aufgebauschte politische Situation. Wenn man sich heute anschaut die beiden Standorte muss ich sagen: Kompliment, Adam Szymczyk, es ist genau richtig, wie es gelaufen ist. Es beflügelt die documenta in Kassel. Und wenn man sich hier in Athen documenta-Stätten anschaut, muss man sagen: Auch das war genau das richtige Konzept. Eine wirklich aus heutiger Sicht sehr, sehr gute Idee. Und ich glaube, es wird auch keine Debatte mehr darüber geben, ob es richtig oder falsch war. Weil es hat sich eindeutig als richtig erwiesen."
    Auch Ulrike Alex, hessische SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Wiesbadener Landtagsauschusses für Wissenschaft und Kunst, bestätigt im Namen der Abgeordneten die Einschätzung des Ministers.
    "Wir haben erwartet, dass diese Symbiose zwischen dieser jahrtausende alten Stadt mit der langen Kultur einerseits und dem größten Event der Gegenwartskunst der Welt in Kassel, dass das was Besonderes ist. Aber wenn man das hier noch einmal hautnah erlebt, vor allen Dingen guckt, wie reich die Kulturlandschaft in einer Stadt ist, in einem Land, das ja in der Krise ist. Dann haben wir – glaube ich – ganz großartige Eindrücke gewonnen. Ich glaube, das ist eine gegenseitige Befruchtung der beiden Städte."
    EMST als zentraler Ausspielungsort in Athen
    Katerina Koskina, Leiterin des Athener Museums für Gegenwartskunst hatte bereits in den vergangenen Wochen immer wieder betont, wie wichtig die diesjährige Doppelausstellung in Athen und Kassel gerade für ihr Haus ist. Denn das riesige Ausstellungsgebäude steht seit Jahren leer, weil die Mittel für den Betrieb des Hauses fehlen. Die documenta 14 nutzt das Museum nun als zentralen Ausstellungsort in Athen, während gleichzeitig das EMST einige Schlüsselwerke seiner bisher nicht zugänglichen Sammlung im Kasseler Fridericianum zeigt. Katerina Koskina ist nun zuversichtlich, dass sie ihr Haus auch nach dem Ende der documenta 14 längerfristig öffnen kann. Trotz der nach wie vor prekären Finanzlage der Athener Kultur- und Bildungsinstitutionen, die mit Mittelkürzungen bis zu 50 Prozent zu kämpfen haben.
    Von den documenta-Geldgebern aus Hessen wünscht Katerina Koskina sich, auch in Zukunft eine internationale Ausrichtung der Ausstellung über Kassel hinaus zu unterstützen:
    "Und ich hoffe, dass es sich fortsetzt. Dass die documenta sich weiter öffnet für die ganze Welt. Wichtig ist, dass sie sich jetzt noch weiter ausstreckt auf den Nachwuchs und Europa vor allem."
    Alexander Klar ist Leiter des Museums Wiesbaden. Weil er in Athen aufgewachsen ist und ein hervorragender Kenner der Kunst- und Architekturgeschichte der griechischen Hauptstadt ist, begleitet er die hessischen Politiker auf ihrem Rundgang durch die documenta-Spielstätten. Obwohl er Athen liebt, sieht er eine Doppel-documenta Athen-Kassel nicht als Modell für weitere Weltkunstausstellungen:
    "Ich bin Historiker und ich finde, Kassel ist der Ort, an dem die documenta entstanden ist, alles andere wäre Verrat an der documenta. Dieser Brückenschlag ist eine sehr schöne Idee. Aber den hat man, glaube ich, auch schnell wieder ausgereizt. Die Brückenschläge gab es ja schon unter Okwui Enwezor, dass man das in die post-koloniale Geschichte einbindet. Es gab ja schon Afghanistan als Satelliten."
    Athen wird voraussichtlich kein Dauerpartner der documenta. Kassel und Athen könnten allerdings bei einem anderen Kunstgroßprojekt Partner werden. Denn es gibt die Idee, Kassel 2025 zur europäischen Kulturhauptstadt zu machen, gestützt auf die Erfahrungen mit der diesjährigen Doppel-documenta. Wenn das klappt, wäre das eine weitere – späte – Erfolgsgeschichte der Doppel-documenta Athen-Kassel.