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Alte Hasen raten jungen Hüpfern

In dieser Woche bevölkern viele neue Gesichter die deutschen Universitäten: Zehntausende Erstsemester beginnen ihr Studium. Damit die sich nicht verloren vorkommen, veranstalten die Universitäten Orientierungstage. Auch die Leibnitz-Universität Hannover. Die heutige Begrüßungsveranstaltung hätte auch unter dem Motto "Alte Hasen raten jungen Hüpfern" stehen können.

Von Susanne Schrammar | 06.10.2008
    Heute Morgen vor dem Welfenschloss, dem Hauptgebäude der Leibniz-Universität Hannover: Fast 3800 Erstsemester drängen sich über die breite Sandsteintreppe hinein in den Lichtsaal. Der Blick der meisten ist suchend und fragend.

    "Im Moment ist alles noch kompliziert hier und deswegen weiß ich noch nicht genau, wo ich hin muss, den Stundenplan hab ich auch noch nicht so genau."

    "Ich bin ein bisschen aufgeregt, aber ich freu mich drauf."

    "Das ist sehr viel Neues hier, ungewohnt, weil man sich mittlerweile um sehr viel selber kümmern muss. Mal schauen, wie das so wird. "

    Um den Studienanfängern eine erste Orientierung zu bieten, hat die Universität Hannover in der Aula mit den Säulengängen jede Menge Infostände und eine Bühne aufgebaut. Auf der stellen sich unter anderem zwei prominente Absolventen der Leibniz-Universität vor: Die ehemalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn und Utz Claassen, früher Chef der EnBW, heute Vorsitzender der BDI-Initiative Innovationsstrategien und Wissensmanagement. Während sich Buhlmann an einen ersten Studientag voller Aufregung erinnert, kam der damals 17jährige Utz Claassen offenbar recht abgeklärt in seine erste Wirtschaftsvorlesung.

    "Ich bin da zu Fuß hingegangen, hab mir ein Schnitzel geholt, bin da in die Veranstaltung gegangen, hab mein Schnitzel gegessen und fand die Veranstaltung dann nicht so spannend und bin, als das Schnitzel alle war, wieder rausgegangen. Insofern vielleicht eher ein Beispiel für schlechtes Benehmen."

    Bevor Edelgard Buhlmann in Hannover Politikwissenschaft und Anglistik auf Lehramt studiert hat, hat sie erst mal ein Jahr in einem Kibbuz in Israel gearbeitet. Das habe ihr enorm geholfen, ihr Studium zu organisieren, sagt die heute 57jährige. Dennoch – und das ist ihr Tipp für Studienanfänger – hat sie sich nicht sofort thematisch festgelegt.

    "Ich hab selber im ersten Semester mehr Fächer studiert, als ich dann letztlich studiert habe im Endergebnis, ich hab noch ein bisschen rumgeguckt. Das finde ich auch wichtig, weil die Schule doch etwas anderes ist als eine Universität, dass man dieses Schlaraffenland des Wissens nicht völlig unberührt lassen sollte, sondern das nutzen sollte."

    Utz Claassen hat Mitte der 80er Jahre studiert, damals haben viele Kommilitonen das Studentenleben eher lässig gesehen. Anders Utz Claassen: Mit 17 ein 1.0-Abitur, mit 22 den Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und mit 26 hatte der spätere Spitzenmanager seinen Doktor in der Tasche.

    "Man muss vor allem sehr strukturiert arbeiten, sehr strukturiert lernen, sehr strukturiert seine Zeit einsetzen, nicht planlos in den Tag hineinleben, sondern das Ganze schon mit Sinn, Verstand und Struktur auch wahrnehmen und abarbeiten."

    Bei diesem Arbeitsethos kaum zu glauben, doch Claassen will neben dem Studium auch noch Zeit für Tennis, Fußball und andere außeruniversitäre Aktivitäten gefunden haben. Und in Oxford, wo er promoviert hat, habe er sich auch in der Hochschulpolitik engagiert, erzählt der 45jährige. Um Kontakte zu knüpfen. Gar kein schlechter Tipp, sagt Jana Penkova. Die 27jährige steht als Fachschaften-Referentin heute am Stand des Asta Hannover und begrüßt die Erstsemester.

    "Mir persönlich hat die Arbeit in den Fachschaften sehr geholfen, ich habe mich in der Fachschaft Geografie engagiert und da ich auch aus dem Ausland komme, war das für mich schwer, man kriegt vieles mit, wenn man in der Fachschaft ist auch."

    Der wichtigste Rat, den die angehende Diplom-Geografin gibt, heißt jedoch: Fragen, Fragen, Fragen. Bloß nicht hilflos in der Ecke stehen. Und darauf vertrauen, dass sich die Hilflosigkeit in ein paar Wochen in Luft aufgelöst hat.