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Antwerpens Bürgermeister De Wever
Das Megafon der Nationalisten

Bart De Wever, Bürgermeister von Antwerpen, ist nicht auf den Mund gefallen: Offen kritisiert er die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel und fordert strengere Gesetzte für Asylsuchende. In Belgien trifft er damit auf offene Ohren - mit seiner Politik machte er die Neu-Flämische Allianz (N-VA) zur stärksten Partei im Parlament.

Von Thomas Otto | 30.03.2016
    Die Neu-Flämische Allianz mit ihrem Vorsitzenden Bart de Wever (M.) feiert ihren Sieg bei der Parlamentswahl in Belgien.
    Die Neu-Flämische Allianz mit ihrem Vorsitzenden Bart De Wever (M.) feiert 2014 ihren Sieg bei der Parlamentswahl in Belgien. (dpa / picture-alliance / Olivier Hoslet)
    Die Meinung des Bürgermeisters einer belgischen 500.000-Einwohner-Stadt interessiert in Deutschland in der Regel niemanden. Anders sieht es dagegen aus, wenn sich Bart De Wever äußert, Bürgermeister von Antwerpen und Chef der rechtskonservativen Partei Neu-Flämische Allianz N-VA.
    Europa habe unter der Führung von Angela Merkel eine total falsche Richtung eingeschlagen und viel Zeit verloren, schimpfte De Wever Ende Februar im belgischen Fernsehen. Seine Äußerung schaffte es auch in deutsche Medien. Und De Wever beließ es nicht dabei:
    "Der Schlussstein in einer guten europäischen Migrations- und Asylpolitik kann ein Verteilungsplan sein. Man hat aber gleich damit angefangen, weil Deutschland überlastet ist. Merkel hat gesagt : "Wir schaffen das!" - aber das scheint etwas illusorisch zu sein."
    Nationalistische N-VA ist stärkste Partei des Landes
    De Wevers Wort hat in Belgien Gewicht. Seine nationalistische N-VA erreichte bei der vergangenen Parlamentswahl vor zwei Jahren gut zwanzig Prozent – in ganz Belgien. Wobei man dazu sagen muss: Aufgrund des komplizierten politischen Systems in Belgien treten die meisten Parteien entweder nur im flämischen Teil Belgiens an, oder in der Wallonie. In der Vier-Parteien-Koalition unter Premier Charles Michel stellt die N-VA drei Minister, darunter den zuletzt in die Kritik geratenen Innenminister Jan Jambon.
    Dass es die N-VA zur stärksten Partei des Landes geschafft hat, hat sie nicht zuletzt De Wever zu verdanken. Er machte aus einer unbedeutenden Kleinpartei die stärkste Kraft im belgischen Parlament. Sein Ziel: Flandern solle sich von der Wallonie lösen und zur unabhängigen Republik werden.
    "Flämische Probleme rufen nach flämischen Lösungen. Deshalb fordern wir zusammen mit der CD&V mehr Kompetenzen für ein starkes Flandern. Gemeinsam wollen wir Wohlstand und Gemeinwohl sichern, wollen wir gut regieren, mit modernen Normen und Werten. Mit der N-VA wird Flandern keine Fliege binden", so De Wever in einem Wahlwerbespot von 2006, in dem er sich auf den stets eine Fliege tragenden, französischsprachigen damaligen Premier Elio di Rupo bezog. Nachdem sich die N-VA unter De Wevers Vorsitz 2008 von den flämischen Christdemokraten der CD&V lossagte, mit denen sie bis dahin gemeinsam zur Wahl angetreten war, wurde De Wever im ganzen Land bekannt.
    Das Megafon seiner Partei
    Zwar versteht es der 45-Jährige, sich von der rechtsextremen Separatistenpartei Vlaams Belang abzugrenzen und so die N-VA auch für die Mitte der flämischen Gesellschaft wählbar zu machen. Auf den Mund gefallen ist er aber keinesfalls. De Wever gilt als das Megafon seiner Partei: Asylsuchende dürften nicht sofort die gleichen Rechte bekommen, wie Einheimische. Er plädiert für Grenzkontrollen, könne man die EU-Außengrenze nicht besser sichern. Oder, wie vor einigen Tagen in einem Fernsehinterview nach den Anschlägen von Brüssel:
    "Wenn ich ehrlich bin, fühle ich die Wut in mir aufsteigen. Große Wut darüber, dass Menschen, die hier geboren wurden, so etwas tun, hier, wo sie viel besser versorgt werden als wo auch immer auf der Welt. Wut, dass die noch von der Gesellschaft unterstützt wurden. Wut, dass bei deren Verhaftung auch noch Leute protestieren. Wut, dass ich in Analysen lesen muss, es sei alles die Schuld der Gesellschaft, die mit dieser Sorte junger Menschen hätte besser umgehen müssen. Da kann ich echt rasend werden. Also ist es besser, zu schweigen, sonst sage ich unvernünftige Dinge und bekomme hinterher Ärger."
    Und vielleicht dachte De Wever das Gleiche bei unserer Anfrage: Für ein Interview stand er dem Deutschlandradio jedenfalls nicht zur Verfügung.
    Ganz unumstritten ist Bart De Wever in Belgien jedenfalls nicht. Zuletzt sorgte er für Kritik, als am vergangenen Sonntag Hooligans das friedliche Gedenken an die Opfer der Anschläge von Brüssel störten. Die flämischen Christdemokraten, Liberalen, Grünen und Sozialisten verurteilten die Vorfälle. De Wever verzichtete ausdrücklich auf eine Distanzierung.