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Arbeitsverhältnisse
Befristete Verträge bei Neuanstellungen

Auf den ersten Blick schneidet Deutschland europaweit bei den befristeten Arbeitsverhältnissen gut ab: Nur 8,1 Prozent der Verträge sind befristet. Doch das Mittel wird immer häufiger eingesetzt, um Kosten zu sparen. Das trifft vor allem junge Berufstätige - nicht nur in der Privatwirtschaft.

Von Stefan Maas | 06.08.2015
    Unbefristete Arbeitsverträge werden immer seltener
    Junge Menschen sind häufig befristet angestellt (dpa / picture-alliance / Jens Schierenbeck)
    2014 ist es gut gelaufen für Arbeitnehmer ab 25 Jahre. Deutschland lag knapp unter dem europäischen Durchschnitt bei der Quote der befristeten Arbeitsverhältnisse. 8,1 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatten einen solchen befristeten Vertrag, nur jeder Zwölfte über 25-Jährige. Drei Millionen Menschen. 2011 lag die Quote noch bei 8,9 Prozent.
    "Die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse hat sich in den vergangenen zehn Jahren in Relation zu den abhängig Beschäftigten, kaum verändert. Die Zahl ist im Prinzip konstant geblieben", sagt Roland Wolf, der Geschäftsführer der Abteilung Arbeits- und Tarifrecht bei der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände.
    Kaum numerische Veränderungen bei befristeten Verträgen
    "Diese Horrorszenarien, die teilweise an die Wand geworfen wurden, es würde nur noch befristet eingestellt, darauf wurde immer hingewiesen, die sind falsch, das belegen die Zahlen."
    In der Tat müsse man sich anschauen, warum eine Stelle befristet werde, erläutert Wilhelm Adamy, Abteilungsleiter Arbeitsmarkt beim Deutschen Gewerkschaftsbund:
    "Wenn es beispielsweise gelingt, Jugendliche, die eine duale Ausbildung gemacht haben, und die können nicht übernommen werden, dass man dann zumindest sagt, sie bleiben befristet im Betrieb, um damit ihr Erlerntes auch anwenden zu können, ist das anders zu bewerten als wenn bei regulären Aufgaben das nur benutzt wird, um erst einmal befristet einzustellen, und diesen befristeten Arbeitsvertrag noch einmal zu verlängern."
    Nach wie vor nutzen - nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes - Betriebe die Möglichkeit der Befristung noch immer viel zu häufig, um Personalrisiken abzuwälzen und den Kündigungsschutz zu umgehen. Viele Firmen hätten angesichts des drohenden Fachkräftemangels ihre Beschäftigungspolitik zwar umgestellt, sagt Adamy, allerdings zeigten die Zahlen einen wesentlichen Aspekt nicht auf:
    "Nimmt man alleine die Zahl der befristeten Beschäftigten, dann muss man doch sagen, dass zwischenzeitlich nach wie vor jede zweite Neueinstellung befristet ist."
    Bei jüngeren Beschäftigten mehr befristete Arbeitsverhältnisse
    Das trifft vor allem die jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Bei Ihnen ist die Befristungsquote höher als bei älteren Beschäftigten. Arbeitnehmer im Alter unter 25 Jahren, die noch häufiger befristete Verträge haben, fließen darüber hinaus nicht in die Berechnung des Statistischen Bundesamtes ein. Auch die Gruppe der Auszubildenden, deren Verträge per se befristet sind, werden nicht berücksichtigt.
    "Befristungen sind ein Instrument zum Beispiel bei unsicherer Auftragsentwicklung, bei unklarer Auftragslage, das genutzt wird, das ist nicht branchenbezogen."
    Und kommt auch keinesfalls nur in der Privatwirtschaft vor, führt Arbeitgebervertreter Wolf aus. Dort sind die Befristungsquoten für Hilfsarbeitskräfte mit 11 Prozent besonders hoch. In Dienstleistungsberufen trifft es jeden zehnten – etwa in der Gastronomie. Hohe Quoten gibt es jedoch auch bei öffentlichen Arbeitgebern. Der Gesundheits- und Sozialbereich sei stark betroffen, sagt DGB-Mann Adamy. Überraschenderweise liege der Erziehungssektor dabei an der Spitze. Bei angehörigen akademischer Berufe liegt die Quote insgesamt bei 12 Prozent.
    "An den Hochschulen, Assistententätigkeiten sind auf der einen Seite befristet, bestimmte Forschungsprojekte sind befristet, aber gleichzeitig wird das auch von der Haushaltspolitik der Gebietskörperschaft abhängig gemacht. Und das ist nicht der richtige Weg."
    Beschäftigung nach Kassenlage an Hochschulen, diese Situation will auch Bundesforschungsministerin Johanna Wanka mit einem neuen Gesetzentwurf ändern, der im Herbst im Bundestag beraten werden soll. Der sieht strengere Regeln für Befristungen vor. Eine Mindestvertragslaufzeit, wie sie die SPD fordert, will die CDU-Ministerin aber nicht.