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Arktisches Methan
Viel Gas aus kleinen Seen

Keine andere Region der Welt erwärmt sich schon seit vielen Jahren so schnell wie die Arktis. Das Meereis im hohen Norden schwindet und der dauernd gefrorene Boden, der Permafrost, taut. Jedes Jahr im Sommer vervielfachen sich so die Wasserflächen der Tundra zu einer Seenlandschaft. Deren Auswirkungen auf den Klimawandel untersuchen niederländische und britische Forscher zurzeit.

Von Monika Seynsche | 31.07.2014
    Blick über eine durch Dauerfrost (Permafrost) gezeichnete Landschaft auf der zur Russland gehörenden Bolschewik Insel, während im Vordergrund noch Packeis herrscht ist im Hintergrund die Landschaft schon aufgetaut und schlammig.
    Permafrost ist eine immense Methanquelle. (picture alliance / dpa / Foto: Hinrich Bäsemann)
    Endlose Tundra, menschenleere Landstriche und weite, baumlose Ebenen zeichnen die Arktis aus: ein riesiges Gebiet, das sich jenseits des Polarkreises rund um den Globus gen Nordpol erstreckt. Es ist eine Weltregion, die Mary Edwards oft besucht hat.
    "Wenn das Klima wärmer wird und die Wälder und Zwergstrauchtundren sich immer weiter nach Norden ausbreiten, dann verändern auch die Seen möglicherweise ihre Eigenschaften und produzieren mehr Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan."
    Allerdings wisse niemand, wie viele Seen es in der Arktis gibt, sagt die Professorin für physische Geographie an der Universität von Southampton. Gemeinsam mit ihren Kollegen Homero Paltan und Jadu Dash hat sie deshalb über 600 Aufnahmen des Satelliten Landsat ausgewertet. Die Forscher entdeckten 3,7 Millionen Seen, die zusammen etwa 5 Prozent der gesamten Landfläche der Arktis einnehmen. Dann wollten sie herausfinden, wie viel Treibhausgase all diese Seen in die Atmosphäre abgeben.
    "So gut wie jeder See der Welt produziert Methan, aber die Mengen sind sehr unterschiedlich. Sie müssen also zuerst die großen Methanproduzenten unter diesen Seen anhand ihrer geographischen Lage erkennen."
    Nordostsibirien gibt reichlich Methan ab
    Das sind in der Regel Seen, die im sogenannten Yedoma-Permafrost liegen. Dieser enthält reichlich organischen Kohlenstoff, der in den Seen zersetzt und als Methan an die Atmosphäre abgegeben wird. Yedoma Permafrost kommt in weiten Bereichen Nordostsibiriens vor. Seen in anderen Regionen der Arktis dagegen entließen deutlich weniger Methan in die Atmosphäre sagt Mary Edwards. Ihren Abschätzungen zufolge emittieren alle Seen der Arktis zusammen etwa zwölf Millionen Tonnen Methan im Jahr. Das sind 30 bis 50 Prozent mehr als bislang angenommen. Auch Angela Gallagher von der Freien Universität Amsterdam ist beunruhigt über das Treibhausgaspotenzial arktischer Wasserflächen. Allerdings interessiert sie sich nicht für die großen Seen.
    "Im Moment konzentrieren sich die meisten Forschungsprojekte auf die Emissionen aus Seen, aber wir glauben, dass auch die kleinen und kleinsten Tümpel wichtig sein könnten. Sie sind ein weiterer Puzzlestein der hilft, ein möglichst genaues Bild der Methan- und CO2-Emissionen in Sibirien zu bekommen."
    Tümpel und Pfützen nehmen zu
    Diese Tümpel bilden sich jeden Sommer wenn Eiskeile im Untergrund schmelzen und Senken im Boden hervorrufen. Die größten sind etwa zwölf Quadratmeter groß, die kleinsten winzige Pfützen. Angela Gallagher will herausfinden, wie viele dieser Tümpel es gibt, und ob es in den vergangenen Jahrzehnten mehr geworden sind. Sie hat zwei Bilder, die ihr bei dieser Aufgabe helfen sollen. Das eine stammt aus dem Juli 1977, das andere aus dem August 2010. Es sind Satellitenaufnahmen der Indigirka Ebene in Nordostsibirien.
    "Diese Tümpel entstehen und vergehen wieder, aber wir vermuten, dass der Permafrost durch den Klimawandel immer stärker taut und sich mehr Tümpel bilden. Und dadurch könnten die Treibhausgasemissionen steigen."
    Die beiden Satellitenaufnahmen haben eine unterschiedliche Auflösung, von daher sei es schwierig sie miteinander zu vergleichen, und Fehler könnten sich leicht einschleichen, sagt die Forscherin. Aber ihren vorläufigen Ergebnissen zufolge, gab es 2010 zwei- bis dreimal so viele Tümpel im Nordosten Sibiriens wie noch 1977. Weitere Studien werden zeigen müssen, welche Auswirkungen das hat.