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Auf den Spuren Jean Pauls

Der Dichter Jean Paul wurde 1763 im Fichtelgebirge geboren. Viele Kulturvereine in der Region bringen passionierten Wanderern das wohl bekannteste Kind der Gegend nahe. Mehr als 150 Texttafeln flankieren den 200 Kilometer langen Jean-Paul-Wanderweg.

Von Andreas Jacobsen |
    Bischofsgrün, eine kleine Gemeinde im Fichtelgebirge. Ruhig ist es hier und sehr beschaulich.

    "Man kann einen seligen, seligsten Tag haben, ohne etwas anderes dazu zu gebrauchen als blauen Himmel und grüne Frühlingserde."

    So steht es auf einer Tafel am Rand des Jean-Paul-Wanderweges, der durch den Ort führt. Und auf einer anderen steht geschrieben:

    "Die Natur bestraft alles, an den Besten auch die kleinsten Fehler und gerade diese am härtesten."

    Auch dies ist einer von vielen Aphorismen, die Johann Paul Friedrich Richter, der im nahen Wunsiedel geboren wurde und sich Jean Paul nannte, auf seinen Streifzügen durch die heimatliche Natur notierte. Heute wird der Schriftsteller und Dichter des Fichtelgebirges von den vielen Kulturvereinen in der Region vor allem passionierten Wanderern nahe gebracht.

    "Der Fichtelgebirgsverein bietet Wanderungen auf dem überregionalen Jean-Paul-Weg an, wir in Schwarzenbach bieten das im kleinen Rahmen an, also Dinge, die den großen Meister wieder zum Leben erwecken und auch greifbar machen. Also wenn man wirklich mit seinen Aphorismen oder Teilen seines Werkes auf den Lippen durchs Fichtelgebirge geht, kann man auch heute noch das so wiederlesen wie vor mehreren hundert Jahren eben."

    Mehr als 150 Texttafeln flankieren den zweihundert Kilometer langen Wanderweg. Er führt als Teil des Fränkischen Gebirgsweges durch das wald- und gesteinsreiche Gebiet an der deutsch-tschechischen Grenze im Dreieck Hof-Wunsiedel-Bayreuth. Die zahlreichen Marmor-, Speckstein- und Basaltvorkommen im Fichtelgebirge waren für den Naturwissenschaftler Goethe "geologische Merkwürdigkeiten", für die er lebhaftes Interesse zeigte. Geradezu fasziniert war er aber vom Granitgestein, aus dem fast die Hälfte des Gebirges besteht. Bei Wunsiedel befindet sich das größte Granitfelsenlabyrinth Europas. Dort wiegt der schwerste Brocken 43 Tonnen.

    Ein Kenner der Region:

    "Im 12. bis 15. Jahrhundert wurde das Fichtelgebirge als das Ruhrgebiet des Mittelalters bezeichnet. Das kommt daher, weil hier reiche Bodenschätze vorhanden waren, vor allem im Bereich des Zinnbergbaus und des Eisenabbaus, teilweise auch des Goldabbaus. Zu Beispiel kommt die älteste deutsche Goldmünze aus dem Fichtelgebirge, nämlich aus Goldkronach."

    Wie damals gearbeitet wurde, lässt sich in den Werkstätten des Fichtelgebirgsmuseums in Wunsiedel beobachten, wo etwa die traditionelle Schmiedekunst vor Publikum demonstriert wird.

    Der Clou in diesem lokalen Geschichtsmuseum: Neunzig Prozent aller weltweit vorkommenden Gesteinsarten sind hier in einer beeindruckenden Mineraliensammlung vereint. Und Jean Paul ist natürlich auch vertreten, mit Briefen, Manuskripten und auf zeitgenössischen Porträts.

    Viele Besucher des kleinen Mittelgebirges zieht es auf den Ochsenkopf. Von diesem 1000 Meter hohen Berg hat man einen Panoramablick weit hinein bis nach Thüringen, Tschechien, die Fränkische Schweiz und zum Frankenwald. Zu DDR-Zeiten ermöglichte ein Sendemast des Bayerischen Rundfunks in Sachsen und Thüringen den Empfang von West-Fernsehen, weshalb der Ochsenkopf und seine Umgebung für die Bewohner seit der Wende ein beliebtes Ausflugs-und Urlaubsziel ist.

    "Ne wunderschöne Landschaft, ist zum Wandern ideal, nette Leute - wir sind herzlich aufgenommen worden."

    Populär, aber nicht ganz leicht zu bewältigen ist am Ochsenkopf eine erst kürzlich installierte Zipline-Anlage. Dabei handelt es sich um Seilrutschen, die in mehreren Abschnitten vom Gipfel bis zur Talstation reichen. Eingehängt ins Seil und gesichert durch Gurte geht’s fast tausend Meter hinab in die Tiefe - hier jedoch erst mal nur zur Probe.
    Der Schriftsteller und Dichter des Fichtelgebirges Jean Paul wird von den vielen Kulturvereinen in der Region vor allem passionierten Wanderern nahe gebracht. Mehr als 150 Texttafeln flankieren den zweihundert Kilometer langen Wanderweg.

    "Ein verstauchter Knöchel ist schon mal drin oder dass man sich die Haut irgendwo ein bisschen aufreißt, das kann durchaus passieren, aber sonst ist das Ganze recht sicher."

    Sagt ein Instrukteur über die Anlage für ganz Wagemutige. In der kalten Jahreszeit gehören dann die Hänge am Ochsenkopf den Winteraktivisten. Schnee gibt’s in der Regel reichlich.

    Bekannt als Sehenswürdigkeit sind im Fichtelgebirge die Glocken am Rathaus der Stadt Selb, wo dieses melodische Läuten mehrmals am Tag Aufmerksamkeit erregt. Dass alle Glocken aus Porzellan bestehen, also aus sogenanntem weißen Gold, erkennt man erst auf den zweiten Blick.

    1814, noch zu Lebzeiten Jean Pauls, gründete Carlos Magnus Hutschenreuther die erste Porzellanmanufaktur und legte damit den Grundstein für die weltweit bekannte Porzellan-Produktion in diesem Teil von Bayern. Über sie informiert sehr ausführlich das Rosenthal-Museum in Selb.

    "Wenn die Kinder und Eltern hier zu uns ins Museum kommen, dann sind sie ganz begeistert von den Geräuschen, dann ist es nicht einfach Museum wie man es sonst kennt."

    Hier bei uns passiert was Praktisches: Ich hör’ die Trommelmühlen laufen, ich kann die Dampfmaschine hören und natürlich dann auch beim Drehen und Gießen zusehen, ich kann die Porzellanmasse anfassen und spüren wie das hergestellt wird und sehe das nicht nur im Film oder an einer Tafel.

    Übrigens: In einigen Gaststätten, Wirtshäusern und Hotels der Region legen die traditionsbewussten Einheimischen besonders Wert auf das Verarbeiten von wild wachsenden heimischen Kräutern und Pflanzen wie etwa Giersch, Bärwurz, Hirschholunder, Löwenzahn, Spitzwegerich, Teufelskralle. Bei einem Büffet, das Kräuterköche aus dem Fichtelgebirge im bayerischen Landtagsgebäude präsentierten, passierte Folgendes:

    Als wir das aufgebaut haben, kam dann zur Plenarsitzung ins Foyer der Herr Seehofer, unser Ministerpräsident, und hat gefragt, ob wir uns denn wirklich mit den Pflanzen auskennen. Dann haben wir gesagt "ja", und dann meinte er, ob es denn auch giftige Pflanzen gibt, und dann hab’ ich gesagt :

    "Selbstverständlich - wenn Sie mal einen unliebsamen Kollegen haben, kommen Sie einfach mit ihm vorbei bei uns, wir besorgen den Rest"."

    Jean Paul hätte dazu diesen Aphorismus parat:

    ""Zuviel Vertrauen ist häufig eine Dummheit, zu viel Misstrauen immer ein Unglück."