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Basketball Euroleague
Party ohne Gastgeber

In Berlin zelebrierte die Euroleague das Final-Four-Turnier um den höchsten europäischen Vereinspokal. Mit dabei: Zwei russische Teams sowie je eine Mannschaft aus der Türkei und Spanien. Der deutsche Basketball war einmal mehr sportlich ausgeladen. Doch die Zeiten könnten bald vorbei sein.

Von Thilo Neumann | 16.05.2016
    ZSKA Moskau hat das Finale der Basketball-Euroleague gewonnen
    ZSKA Moskau hat das Finale der Basketball-Euroleague gewonnen (DPA/Picture Alliance/ Mihail Serbin)
    Laut, frenetisch, leidenschaftlich – akustisch dominierten die Anhänger von Fenerbahce Istanbul an diesem Wochenende in Berlin. Beim Final Four-Turnier der Basketball-Euroleague tauchten die türkischen Fans die Arena am Ostbahnhof in gelb und blau, Fenerbahces Vereinsfarben. Doch die imposante Unterstützung sollte nicht reichen: ZSKA Moskau war im Finale zu stark – 101:96 hieß es am Ende einer dramatischen Partie, die erst in der Verlängerung entschieden wurde. Für die Russen der siebte Titel in der Königsklasse.
    Ein Herzschlagfinale vor großer Kulisse: ausverkaufte Halle, 600 akkreditierte Journalisten, Fernsehbilder für 200 Länder. Eine bunte Basketballparty in Berlin - allerdings ohne deutsche Beteiligung. Denn deutsche Mannschaften waren auch in der 16. Auflage des Euroleague-Finalturniers nicht unter den besten vier. Einen Grund dafür kennt Dirk Bauermann. Der ehemalige Nationaltrainer und Meistermacher in Bamberg und Leverkusen äußerte sich gegenüber dem Deutschlandfunk:
    "Im Profisport geht es nicht nur, aber auch um Budgets. Die besten Spieler kosten eben auch relativ viel Geld, und wir wissen ja, wie hoch die Etats der Topteams in Europa in etwa sind – die liegen eben immer noch deutlich über dem, was Bamberg oder dem FC Bayern zur Verfügung steht."
    Staatliche Unterstützung und Mäzenatentum
    Der Etat von Titelträger ZSKA Moskau liegt bei über 35 Millionen Euro – etwa drei Mal so hoch wie beim deutschen Geldkrösus aus Bamberg. Der ehemalige Armeesportverein ist im Besitz des zweitgrößten Nickelproduzenten der Welt mit direkten Verbindungen in den Kreml.
    Spielszene aus dem Finale der Basketball-Euroleague zwischen ZSKA Moskau und Fenerbahce Istanbul in Moskau
    Spielszene aus dem Finale der Basketball-Euroleague zwischen ZSKA Moskau und Fenerbahce Istanbul in Berlin (DPA/Picture Alliance/Soeren Stache)
    Auch Finalgegner Fenerbahce, Lieblingsverein von Staatspräsident Erdogan, ist nicht nur auf klassische Werbe- und Medienerlöse angewiesen, um den Kader mit internationalen Stars aufzufüllen. Braucht es in Deutschland erst staatliche Unterstützung oder Mäzenatentum, um mit Europas Elite mithalten zu können? Dirk Bauermann ist anderer Meinung:
    "Ich glaube, dass wir Strukturen haben, die sehr gut funktionieren, und das Land hat ja mehr als genügend Wirtschaftskraft, um nicht nur in einer Sportart, sondern in drei Sportarten – also Fußball, Handball und Basketball –
    absolute europäische Spitze zu sein. Insofern wäre es falsch zu glauben oder zu fordern, wir bräuchten jetzt ein Mäzenatentum, wie es das zum Beispiel in Russland gibt."
    Reform der Euroleague
    Bauermann sieht den deutschen Basketball auf einem guten Weg. Aber was bringt die Zukunft? Die Euroleague reformiert mit der kommenden Saison ihren Modus. 16 statt 24 Teams, elf Vereine haben permanentes Startrecht. Das gilt nicht für Deutschland: Hier qualifiziert sich nur der Meister – und so eventuell jedes Jahr ein anderes Team. Während Klubs aus Istanbul, Moskau oder Barcelona mit garantierten Millioneneinnahmen Stars langfristig binden können, kämpfen die deutschen Vereine permanent um eine Teilhabe an den großen Geldtöpfen. Die Gefahr ist groß, dass Leistungsträger von Bamberg oder München nach einem Jahr zu vermeintlich lukrativeren Arbeitgebern weiterziehen. So wie Kyle Hines, der in der Saison 2010/11 für die Franken spielte und nun mit Moskau seinen dritten Euroleague-Titel feiern konnte.
    Optimismus in Deutschland
    Doch trotz aller Vorzeichen: In Deutschland bleibt man optimistisch. Auch Patrick Femerling, Rekordnationalspieler und 2003 Euroleague-Sieger mit dem FC Barcelona. Er verweist auf die guten Ergebnisse in der abgelaufenen Saison – Bamberg hatte das Euroleague-Viertelfinale nur knapp verpasst, die Skyliners aus Frankfurt den drittklassigen FIBA Europe Cup gewonnen.
    "Wenn man die Spiele betrachtet, dann wird der Unterschied kleiner. Aber das heißt nicht, dass es jetzt ein Katzensprung ist, und dann ist es geschafft. Aber da müssen alle noch dran arbeiten: die Jugendprogramme müssen Jungs rausbringen, die Vereine müssen auch an die Jugend glauben, gleichzeitig muss man mehr Geld generieren und gute Leute dazu holen und und und. Das ist ein Zusammenspiel vieler Seiten, das dem Basketball sehr, sehr gut tut."
    Gute Nachwuchsarbeit, sie wäre ein Gegenmodell zum diesjährigen Finalisten aus Istanbul. Fenerbahce erzielte in Halbfinale und Finale zusammen 184 Punkte – keinen einzigen davon durch einen gebürtigen