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Baumalleen in Brandenburg
Mehr als ein Landschaftsmerkmal

Baumalleen gehören vor allem in Norddeutschland zum Landschaftsbild. Sie markieren den Straßenrand und fungieren als Luftfilter. Doch aufgrund des zunehmenden Verkehrsaufkommens sterben viele Bäume. In Brandenburg sollen deshalb jährlich 5.000 neue Bäume gepflanzt werden. Doch ganz so einfach ist das nicht.

Von Sandra Voß | 30.03.2017
    Lindow in Brandenburg: Ein Planwagen-Treck auf der dichtbewachsenen Baumallee.
    In Brandenburg gibt es besonders viele Alleen. (picture alliance / dpa / Kalaene Jens)
    Eine schattige Alleenstraße in Brandenburg, daneben ein Spargelfeld. In einer Lücke zwischen den alten Bäumen stehen rund 40 Menschen. Der Grund: ein kleiner Baum, auf der Schaufel eines Baggers liegend, soll gepflanzt werden. In Brandenburg habe die Bevölkerung ein großes Interesse am Erhalt der Alleen, beobachtet Professor Jürgen Peters von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde:
    "Sie sind landschaftsprägend für Brandenburg, ursprünglich für ganz Norddeutschland, und in einer ausgeräumten Agrarlandschaft, wie man sie hier hat, das einzige Element, was die Landschaft strukturiert."
    Die Alleen wurden vor rund 100 Jahren gepflanzt. Dabei hatten sie verschiedene Funktionen.
    "Sie dienten der Markierung der Straße in der Landschaft, also die Funktion, die heute diese Leitpfosten übernehmen. Auch Beschattung der Tiere und Menschen, die die Straße benutzten, das waren häufig noch Pferdfuhrwerke oder Ochsenkarren, und auch da war der Schatten eine wichtige Funktion."
    Jetzt, 100 Jahre später, sterben viele Bäume ab. Um die Alleen zur erhalten, müssen neue Bäume gepflanzt werden. Doch inzwischen gibt es viel mehr Autos und leider auch mehr Verkehrstote.
    Pflanzen ja, aber bitte im richtigen Abstand
    Um die Autofahrer zu schützen, gibt es seit 2009 eine Verordnung: die "Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme", kurz RPS, genannt. Hier geht es darum, dass Bäume, die neu gepflanzt werden, siebeneinhalb Meter statt wie davor nur viereinhalb Meter von der Straße entfernen stehen müssen, wenn keine Leitplanken aufgebaut werden. Hier setzt die Kritik der Umweltverbände an, erklärt Katharina Brückmann vom BUND.
    "Wir fordern, dass die Umweltbehörden mit bei der RPS beteiligt werden, bei der Fortschreibung der RPS, damit wir da eine Regelung hinbekommen, die ein flexibleres Herangehen an zum Beispiel diese Abstandsreglungen erlauben."
    Die Umweltverbände glauben, die Verordnung verhindert, dass es zu Neuanpflanzungen kommt. Die Brandenburger Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, jährlich 5.000 neue Bäume zu pflanzen. Faktisch sind es jedoch nur knapp 2.000. Schuld daran sei auch, dass dem Straßenbauamt gar nicht so viel Land gehört, um den erforderlichen Abstand von siebeneinhalb Metern zwischen Baum und Straße einzuhalten, so die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung, Kathrin Schneider.
    "Das Hauptproblem ist die Flächenakquise. Wir finden kaum noch Standorte, die wir bepflanzen können."
    Ein Baum, der Kosten spart
    Der Spitzahorn, der gerade gepflanzt wird, ist ca. 3 Meter hoch und kostet mit Anpflanzung und nachträglicher, fünfjähriger Pflege rund 600 Euro. Dabei ist nicht sicher, ob er auf dem sandigen Boden überhaupt angeht.
    Für die Wissenschaftler ist jedoch klar, der Nutzen für die Umwelt ist viel höher. In Amerika gibt es die ersten Zahlen darüber, was ein Baum tatsächlich leistet, berichtet Professor Dirk Dujesiefken vom Institut für Baumpflege in Hamburg.
    "Die in den USA haben herausgefunden, dass diverse Bäume, in der Stadt, an der Straße wenn wir alle diese Wirkungen haben, Filterfunktionen, Co2-Bindungen und all das, können die drei, vier, fünftausend Dollar als Wert haben, sie sind nicht nur ein Kostenfaktor, was hier das Thema ist, doch sie bringen einem auch noch was, was man sonst als Kosten hätte, als Staubfilter oder als Lungenkranke."
    Baumschutz im Bundestag
    Der Schutz der Alleen beschäftigt auch den Bundestag. Fraktionsübergreifend gründete sich darum im letzten Jahr die Parlamentsgruppe "Kulturgut Alleen". Die 31 Mitglieder setzten sich weiterhin dafür ein, Verkehrssicherheit und Umweltschutz praxisnah zu vereinigen. Eine schwierige Aufgabe.