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Biosignaturen
Leben unter fremden Sonnen

Rund 2000 exosolare Planeten haben Astronomen mittlerweile entdeckt. Viel ist über die meisten nicht bekannt: Größe, Abstand zum Zentralstern, Umlaufgeschwindigkeit. Spannend wird es, wenn Wissenschaftler die Atmosphären dieser Exoplaneten auf Biosignaturen hin untersuchen könnten, auf Hinweise für Leben. Mit dieser Möglichkeit beschäftigt sich die Tagung Search for Life beyond the Solar System, die heute in Tuscon im US-Bundesstaat Arizona beginnt.

Von Guido Meyer | 19.03.2014
    Wenn es irgendwo Leben gibt, dann verrät es sich auch - und zwar durch Gasabsonderungen von Organismen in der Atmosphäre des entsprechenden Planeten.
    "Biosignaturen sind Spuren in der Atmosphäre - normalerweise Gase oder bestimmte Moleküle -, die uns über Lichtjahre hinweg erlauben herauszukriegen, ob es auf diesem anderen Planeten auch Leben geben könnte",
    sagt die Astrophysikerin Lisa Kaltenegger vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge. Zwei Beispiele: Wir Menschen atmen CO2 aus. In den Mägen von Kühen wird Methan produziert. Finden sich diese beiden Gase in der Atmosphäre eines Planeten, kann man davon ausgehen, dass dort unten etwas kreucht und fleucht. Richtig?
    "Was sehr spannend ist mit Kohlendioxid oder Methan, dass die eigentlich auch Biosignaturen sein könnten, weil Bakterien es natürlich produzieren. Das Problem ist, dass Geologie Ihnen das Gleiche produzieren kann, CO2 oder Methan, das heißt, Sie können nicht sagen, was davon biologisch und was nichtbiologisch ist. Deshalb können Sie es Biosignatur nicht nennen."
    Also, schlechtes Beispiel. Aber wie wäre es mit Sauerstoff? Immerhin ist das ein Abfallprodukt beim Prozess der Fotosynthese. Benner:
    "Auf der Erde ist Sauerstoff eine Biosignatur. Dieses Element wird von etwas Lebendigem produziert, nämlich Pflanzen. Wenn sich Planeten jedoch nahe an ihrem Stern befinden, kann dieser - als Abfallprodukt der Kernfusion in seinem Innern - die Atmosphäre des Planeten ebenfalls mit Sauerstoff anreichern."
    Sauerstoff alleine reicht nicht
    Eine weitere Sackgasse, die Steven Benner hier beschreibt, ein Astrobiologe in Diensten der Foundation for Applied Molecular Evolution in Gainesville, Florida. So einfach scheint sich fremdes Leben also doch nicht zu verraten. Vielleicht geht es bei Biosignaturen eher um Quantität statt um Qualität. Kaltenegger:
    "Wenn Sie nur Sauerstoff haben, können Sie nicht wirklich sagen, ob es dort Leben auf dem Planeten geben könnte, weil Sauerstoff können Sie auch generieren, wenn Sie Wasser spalten oder CO2 spalten. Das heißt, Sie brauchen wirklich Sauerstoff mit einem Gas, das damit reagiert."
    - wenn nämlich Sauerstoff nicht nur da ist, sondern ständig Nachschub geliefert wird und er mit anderen Gasen reagiert, sodass sich daraus beispielsweise in der Atmosphäre Ozon bildet.
    Benner: "Wir könnten berechnen, wie viel Ozon oder Sauerstoff in der Atmosphäre des entsprechenden Planeten bei seiner Größe und seiner Entfernung zum Stern maximal auftreten dürfte, ohne dass Leben involviert wäre. Wenn eine bestimmte Menge überschritten wird, dann hätten wir eine Biosignatur."
    Aber wo liegt die Grenze? Ab wann spricht welche Menge Sauerstoff für das Vorhandensein von Leben?
    Kaltenegger: "Ab einem Zehntausendstel oder Hunderttausendstel von unserer eigenen Konzentration oder von der Konzentration von Sauerstoff in unserer eigenen Atmosphäre könnte man es dann entdecken."
    Die irdische Atmosphäre besteht nur zu rund zwanzig Prozent aus Sauerstoff. Es bedürfe also nicht viel, damit sich über das Vorhandensein dieses Gases in der Atmosphäre eine Lebensform auf dem Boden verrät, glaubt auch Steven Benner:
    "Der Anteil von Sauerstoff in der Erdatmosphäre ist zu hoch, um ihn anorganisch zu erklären. Ich würde sogar sagen, er ist um einen Faktor 100 zu hoch. Nicht schlecht für eine mögliche Biosignatur, oder?"
    Biosignaturen also taugen nur im Zusammenhang mit anderen Gasen, Wechselwirkungen mit diesen und ab einer bestimmten Menge. Kein Gas sei von Natur aus ein Beweis für Leben, betont Lisa Kaltenegger:
    "Es gibt keine eindeutige Biosignatur. Das heißt aber nur, dass Sie nicht automatisch sagen können: Das muss jetzt Leben sein. Unsere Idee ist da zu sagen: Wir haben keine andere Erklärung, als dass es Leben sei. Kann natürlich sein, dass wir einen Teil der Physik nicht kennen oder einen Teil der Biologie nicht kennen. Aber Biosignatur nennen wir in der Astronomie etwas nur, wenn wir keine andere Erklärung haben als Leben."