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Das Palmöl-Dilemma (3/5)
Bunge – Jäger und Gejagter im Palmöl-Geschäft

Mit der Übernahme des Palmölverarbeiters Loders Croklaan hat sich der US-Konzern Bunge nicht nur hoch verschuldet. Mit dem Zukauf und dem Ausbau des Palmölgeschäfts ist der Konzern auch stärker in den Fokus von Umweltschützern geraten. Gleichzeitig droht Bunge selbst die Übernahme.

Von Heike Wipperfürth | 25.05.2018
    In der Chefetage von Bunge im New Yorker Vorort White Plains herrscht gedämpfte Stimmung:
    "Das Jahr 2017 war von großen Herausforderungen für unsere Märkte und unsere Branche geprägt",
    erläuterte Soren Schroder Mitte Februar den Quartalsverlust seines weltweit agierenden Agrarkonzerns mit 32.000 Mitarbeitern aufgrund schrumpfender Gewinnmargen und eines weltweiten Überangebots von Getreide – sein Haupthandelsprodukt.
    Doch der Vorstandsvorsitzende hat einen Plan, um das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 40 Milliarden Dollar wieder flott zu machen: Kostensenkungen und die Übernahme eines der größten Palmölverarbeiters der Welt: Loders Croklaan.
    In seinen Niederlassungen in Europa, Nordamerika und Südostasien entwickelt und vermarktet Loders Croklaan Produkte aus Palmöl: Muttermilchersatz zum Beispiel. Oder Glyzerin. Und Frittieröl.
    Mithilfe dieser Produkte kann Bunge seine bestehenden Geschäftsverbindungen im Palmölgeschäft weiter ausbauen und neue Vertriebskanäle aufbauen. Und die Kasse wieder klingeln lassen, freut sich Soren Schroder.
    "Wir werden den Umsatz unserer Speiseölsparte durch die Zusammenlegung beider Sparten erheblich erhöhen."
    Mit dem Zukauf übernommen?
    Denn der weltweite Markt für Speiseöle wächst laut Persistence Market Research rasant weiter: Bis 2024 rechnet der Markforscher mit 130 Milliarden Dollar gegenüber 90 Milliarden Dollar im Jahr 2017. Besonders begehrt? Palmöl. Es steht mit einem Marktvolumen von 32 Prozent an erster Stelle. Aber: Bunge steht auf wackligeren finanziellen Beinen, seit es sich mit fast 1 Milliarde Dollar verschuldet hat, um 70 Prozent von Loders Croklaan von der IOI Gruppe, dem zweitgrößten Palmölproduzenten Malaysias, zu übernehmen, warnt John Rogers, Analyst bei Moody’s Investors Services, einer Ratingagentur in Manhattan.
    "Wir haben den Rating-Ausblick von Bunge auf negativ gesenkt, weil die Firma viel Geld für Loders Croklaan ausgegeben hat, während ihre anderen Geschäfte nicht so gut laufen. Verdienen sie nicht mehr, könnte es ihr schwerfallen, die Schulden abzuzahlen."
    Die Macht der Verbraucher
    So sehr sich Bunge über die neuen Einkommensmöglichkeiten freut, umso anfälliger ist ihr guter Ruf, warnt Glenn Hurowitz, Leiter von Mighty Earth, einer Umweltschutzorganisation in Washington.
    "Die Verbraucher wollen wissen, wo das Palmöl und Soja und der Zucker in ihren Produkten herkommen. Sie wollen wissen, ob ihre Grundwerte bei der Produktion eingehalten wurden. Sie wollen keine klima- und regenwaldfeindlichen Methoden. Oder die Verletzung der Menschenrechte."
    Das weiß auch Loders Croklaan. Denn Großkunden wie Unilever, Mars und Kellogg boykottierten Loders Croklaan und die damalige Muttergesellschaft IOI Gruppe, als IOI nichts gegen Brandrodungen unternahm, die den Lebensraum von Orang-Utans zerstören.
    Die Kunden sind inzwischen zurückgekehrt. Aber erst nachdem IOI gelobt hat, sich zu bessern, sagt Diana Ruiz, Mitarbeiterin bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Washington.
    "Auf Druck der Konsumgüterunternehmen und Umweltschützer hat IOI viele Änderungen vorgenommen. Es hat sich beim Schutz des Regenwaldes zur Transparenz bekannt und die schlimmsten Zulieferer unter Druck gesetzt, damit sie sich bessern."
    Gut so, denn IOI bleibt der größte Zulieferer von Palmöl für Loders Croklaan, das jetzt zum Großteil Bunge gehört.
    Aber auch Bunge geriet in die Kritik, als ein Zulieferer 140 Quadratkilometer Torfland roden wollte. Schließlich kündigte Bunge dem Lieferanten und hält sich jetzt daran, nachhaltiges Palmöl zu kaufen.
    "Bunge und die anderen Palmölunternehmen sollten viel mehr vorbeugende Maßnahmen ergreifen, um die Abholzung des Regenwaldes und die Verletzung der Menschenrechte zu bekämpfen. Wenn wir ihnen Vergehen mitteilen, reagieren sie innerhalb von 48 Stunden und kündigen den Lieferanten oder stellen Ermittlungen an. Aber das sind Multi-Millionen-Dollar Firmen, die sich darauf verlassen, dass wir alles kontrollieren. Wir sind viel zu klein und haben nicht genug Geld, um den Palmölhandel in Südostasien, Afrika und Südamerika zu überwachen."
    Übernehmen und übernommen werden
    Das Palmölgeschäft, mit dem Bunge zukunftsfest werden soll, macht dem Konzern also durchaus Probleme. Und es ist nicht einmal ausgemacht, dass die Strategie aufgeht. Medienberichten zufolge kämpft Bunge gegen die Übernahme durch Archer Daniels Midland, das zweitgrößte Agrarunternehmen der Welt.
    Eine Übernahme von Bunge würde ADM, das bereits fast 25 Prozent von Wilmar International, dem größten Palmölhändler aus Singapur besitzt, zu einem globalen Marktführer für Palmöl machen.
    Außerdem hätte ADM einen Rivalen weniger, der ebenfalls an Bunge interessiert ist: Glencore, der größte Rohstoffhändler der Welt mit Sitz in der Schweiz. Leiter Ivan Glasenberg hatte bereits voriges Jahr erklärt, dass er seinen Agrarhandel in den USA vergrößern will, und zwar am liebsten mit...
    "Bunge."
    Ob Bunge, das sich bis jetzt wenig begeistert gezeigt hat, an eine gemeinsame Zukunft mit dem Händler von Öl, Kohle und Zink glaubt, bleibt offen. Klar ist, dass es seine Übernahme von Loders Croklaan erst einmal verdauen muss.