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Debütalbum
Spielplatz von Iggy Azaleas Ideen

Amethyst Amelia Kelly alias Iggy Azalea hat ihre Heimat Australien verlassen und war wegen ihrer Liebe zum Hip-Hop nach Amerika gekommen. Auf dem nun erschienen Debütalbum thematisieren ihre Raps ihr Ankommen in den USA und das Leben als öffentliche Person. Musikalisch experimentiert sie mitunter - zum Beispiel mit Affengeräuschen.

Von Dennis Kastrup | 19.04.2014
    Die australische Musikerin Iggy Azalea in einem roten Kleid beim Ankommen bei den Brit Award 2014.
    Bereits 2011 kündigte Iggy Azalea ihr Debütalbum an, doch erst jetzt hat sie es veröffentlicht. (picture alliance / dpa - Facundo Arrizabalaga)
    "Ich weiß nicht genau wo ich mich gerade befinde, aber ich bin weit weg von Zuhause und versuche es, alleine zu schaffen."
    Iggy Azalea im Refrain des ersten Songs ihres Debütalbums.
    "In dem Stück 'Walk The Line' rappe ich über meine jetzige Situation. Es geht darum, was mir gerade in der Musikindustrie begegnet. Die Leute glauben nicht an mich und haben mich bereits abgeschrieben."
    Auf dem Abstellgleis vor dem ersten Album? Merkwürdig, aber nachvollziehbar, wenn man sich die jetzigen Erwartungen und den Werdegang von Iggy Azalea anschaut. Ihr erstes Mixtape katapultierte sie vor drei Jahren plötzlich in die vorderste Reihe der aufstrebenden Rapperinnen. Gute Kontakte in der Hip-Hop-Szene führten dazu, dass die 23-Jährige schnell diverse Produzenten um sich scherte. Ein Label war auch sofort gefunden. Aber: Azalea musste sich erst einmal selber finden. Streitereien mit der Plattenfirma führten dazu, dass die Veröffentlichung mehrmals verschoben wurde. Ein weiterer möglicher Grund dafür: ihre Arbeitsweise.
    "Mir ist es egal, Geld zu verschwenden"
    "Ich bin vielleicht zwei Wochen im Studio und schreibe nur einen Song. Das ist mir egal. Manchmal bin ich da, esse Mittag, hänge herum, schaue mir einen Film an und nehme noch nicht einmal auf. Andere machen das nicht so. Die gehen ins Studio und haben das Gefühl, etwas schreiben zu müssen, weil sie so viel Geld dafür bezahlen. Deshalb verändert sich bei denen die Einstellung zu allererst in ihrem Kopf und deshalb ist das weniger spontan. Ich spüre den Druck nicht. Mir ist es egal, Geld zu verschwenden."
    Der Sound der Stücke ist wesentlich straffer arrangiert. Insgesamt neun Produzenten haben an den Stücken geschraubt. Das Album ist damit ein großer Spielplatz ihrer Ideen geworden.
    "Es ist eine Mischung. Manche Stücke sind kommerzieller, eher im Hip-Hop-Bereich angesiedelt. Andere Songs sind sehr elektronisch und experimentell. Einer der Rhythmen ist aus Affengeräuschen gebaut worden. Manche Sounds sind also anders. Man hört so etwas nicht unbedingt in der normalen Musik."
    Dieses leicht Experimentelle wirkt ab und zu aber auch fehl am Platz, wenn plötzlich ein 90er-Jahre-Synthesizer eine beat-getriebene Fläche dazu steuert oder der Gastsänger Mavado seine Vocoder-Stimme über Reggae-Klänge rappen lässt. Man hat das Gefühl, Azalea hat die Kontrolle über ihre Musik verloren. Genau die reißt sie sich aber in ihren Texten wieder an sich. Ihre Raps thematisieren das Aufwachsen in Australien, das Ankommen in den USA, gescheiterte Beziehungen und das Leben als öffentliche Person.
    "Wir sind immer so den sozialen Medien ausgesetzt, dass die ganze Welt uns sehen kann, ob nun als Berühmtheit oder normaler Bürger. Wir wollen uns also die ganze Zeit so präsentieren, dass wir am besten rüberkommen: Ich bin besser als du oder sogar die Beste! Das soll dann auch noch jeder sehen. Manchmal ist es eben schwer, öffentlich verletzlich zu sein oder zu scheitern."
    Kein übliches Rap-Vokabular
    Und genau da unterscheidet sich Iggy Azalea von ihren rappenden Kolleginnen Angel Haze oder Azalea Banks. Letztere nutzen ihre Musik als aggressives Hilfsmittel, um der Welt selbstbewusst den Mittelfinger zu zeigen. Iggy Azalea wirkt in ihrem Auftreten eher ein wenig verunsichert. Ihre Erfahrungen als Model sorgen außerdem dafür, dass sie sich auf der Bühne stark in der Geste und in den Posen verliert, sozusagen auf dem Catwalk des Raps. Es stellt sich die Frage: Ist das noch Rap oder schon Pop?
    "Ich versuche, besseres Vokabular zu benutzen. Für Rapper ist es doch sehr einfach, Schimpfwörter als Krücke zu benutzen. Sie reimen sich sehr gut und haben meistens nur eine oder zwei Silben. Ich will auf meinem Album bei dem, was ich sage und wie ich es sage, ein bisschen schlauer sein. Es geht mir da nicht um den kommerziellen Erfolg, sondern darum, eine bessere Schreiberin zu werden."
    Das Album "The New Classic" ist ein intimer Blick in die Welt einer in Amerika gestrandeten Australierin, die sich ihren Traum als Rapperin hart erarbeitet hat. Leider fehlt den Songs eine gewisse Konsequenz. Man wird das Gefühl nicht los, dass Iggy Azalea zu viel wollte und dadurch verkrampfte. Obwohl sie das selber nie zugeben würde.
    "Hier in den Staaten ist es wohl für mich eher eine Reise als ein Kampf. Kämpfen heißt ja Kollidieren. Ich habe aber eher das Gefühl, die Reise zu genießen, obwohl manche Tage nun mal schwieriger sind."