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Doppelte Karriere statt Trennung und Pendeln

Wenn im Hochschulbereich der Partner oder die Partnerin wechselt, sollte die bessere Hälfte am neuen Ort auch eine gute Stelle bekommen - im Idealfall. Dafür sorgen Dual Career Center, die auch an deutschen Hochschulen verbreitet sind. Eine der ersten war im Jahr 2007 die Uni Konstanz.

Von Thomas Wagner | 20.08.2010
    Für die Zeithistorikerin und Politikwissenschaftlerin Birgit Schwelling war es ein Karrieresprung: Im Oktober vergangenen Jahres wechselte sie von Leipzig an die Uni Konstanz. Dort wurde sie Leiterin der neu eingerichteten Forschungsgruppe "Geschichte und Gedächtnis" - ein spannendes Arbeitsfeld. Ihr Mann blieb in Leipzig - zunächst.

    "Es hat sich sehr schnell rausgestellt, dass Leipzig-Konstanz eine Strecke ist, die nicht pendelbar ist. Das sind acht Stunden mit der Bahn. Das wäre nicht vereinbar gewesen mit unserer Idee von Privatleben oder Ehe."

    Ehemann Peter Krause ist ebenfalls Politikwissenschaftler und Zeithistoriker. Für ihn steht von Anfang an fest: Er will ebenfalls nach Konstanz wechseln, an den Arbeitsort seiner Frau. Weil sein Vertrag in Leipzig ausläuft, braucht er von seinem bisherigen Arbeitgeber keine großen Hürden erwarten.

    "Zum anderen war es sicherlich durch dieses Dual Career Center möglich, dass die mir eine Unterstützung offerierten bei meiner Bewerbung hier in Konstanz. Wenn ich diese Unterstützung nicht gehabt hätte, wäre es vielleicht schwieriger geworden, holpriger geworden."

    Gerade mal zwei Monate nach der ersten Kontaktaufnahme bekommt Peter Krause die erhoffte Stellenzusage. Nun ist er Referent der Geisteswissenschaftlichen Sektion der Uni Konstanz -dank der prompten Vermittlung des hochschuleigenen Dual Career Centers. Dort bemühen sich die Mitarbeiter, berufliche Perspektiven auch für die Partnerinnen und Partner von neuen Hochschulmitarbeitern aufzuzeigen.

    "Also, wir haben unsere Kontakte in die Region hinein auch. Das heißt, wir kennen ja auch unsere großen Arbeitgeber. Und wir haben gute Kontakte auf jeden Fall mit den Hochschulen in unserer Region. Also wenn die- oder derjenige beispielsweise in einem Fach promoviert oder habilitiert, das wir selbst nicht anbieten, dann können wir die Kollegen und Kolleginnen an den anderen Hochschulen kontaktieren und da dann direkt versuchen und fragen: Wer könnte da ein Ansprechpartner sein? Wir reichen Empfehlungsschreiben weiter."

    … erklärt Marion Wölki vom Gleichstellungsbüro der Uni Konstanz, das für das Dual Career Programm zuständig ist. Wenn sich auch nicht in jedem Fall gleich eine Stelle für die Partnerin oder für den Partner eines wissenschaftlichen Neuzugangs findet, so verfügen die Mitarbeiter doch über umfangreiche Beratungsmöglichkeiten und Kontakte - ein Erfolgsmodell: Über 60 Vermittlungsanfragen bearbeiten Marion Wölki und ihr Team pro Jahr - mehr als eine pro Woche. Das ist etwa vier bis fünf Mal so viel wie zu Projektbeginn vor drei Jahren. Wichtig dabei: Sie wollen nicht nur die Partnerinnen und Partner von Professoren betreuen. Es geht ihnen auch um die wissenschaftlichen Mitarbeiter, um die Post Docs.

    "Wir wissen, dass gerade in dieser Post-Doc-Phase die Partnerschaften stabiler werden. Da kommt der Wunsch nach gemeinsamem Wohnsitz, nach Familiengründung auf. Wir wollen als Arbeitgeber aber einfach attraktiv sein. Wir fühlen uns auch bewusst für die Work-Life-Balance unserer Mitarbeiter verantwortlich und wolle eben, dass auch diese die Chance bekommen, bei uns anzudocken."

    Und zwar gemeinsam, als Paar. Birgit Schwelling und Peter Krause empfinden diesen Service als hilfreich. Sie glauben aber, dass auch die Hochschule von den Leistungen ihres Dual Career Centers profitiert. Von Abwanderungsgedanken bei den beiden keine Spur -doch ohne das Dual Career Programm sähe dies anders aus.

    "Ich wäre nach Konstanz gekommen. Aber möglicherweise hätten wir uns hier nicht für längerfristig eingerichtet. Also ich hätte dann eher daran gedacht, mich wieder schnell wegzubewegen, um eine Stelle in derselben Stadt zu bekommen, in der man Mann arbeitet."

    Wie wichtig der Dual Career Centers beim Werben um hoch qualifizierte Wissenschaftler ist, erfährt die Programmverantwortliche Marion Woelki in schöner Regelmäßigkeit.

    "Wir wissen das aus Berufungsverhandlungen: Es wird dabei oft angesprochen, dass Menschen eben nur nach Konstanz kommen, wenn eben der Partner oder die Partnerin eine Perspektive haben."

    Dabei ist ein solches Programm keineswegs selbstverständlich - im Gegenteil: An manchen Hochschulen wird skeptisch beäugt, wenn im Rahmen des Dual Career Programms eine Stelle vergeben wird, weiß Birgit Schwelling:

    "Dual Career ist in Deutschland relativ neu und hatte vor kurzem tatsächlich diesen zweifelhaften Ruf: Dual Career als Gemauschel und regelrecht als Stigma..."

    ... so frei nach dem Motto: Wer aufgrund eines solchen Programms eine Stelle findet, verdankt den neuen Job nur seiner partnerschaftlichen Beziehung und nicht seinen Fähigkeiten - ein Vorurteil, das aber zunehmend seltener zu hören ist. In Konstanz arbeiten die Experten derweil an einer Weiterentwicklung ihres Programms. Marion Woelki:

    "Eine Möglichkeit, die sich da abzeichnet, ist, dass man auch gerade in diesen schwierigen Phasen, in denen Paare auch miteinander verhandeln...wer geht wohin zu welchem Preis? Und zu welchem Preis würde der Partner oder die Partnerin mitkommen? Dass die durch konkrete Coaching-Angebote unterstützt werden. Da würden wir gerne etwas aufbauen in nächster Zeit."