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"Es geht nicht darum, Noten zu verteilen"

Experten des Wissenschaftsrats bereisen Sachsen-Anhalt, um herauszufinden, wie es in Zukunft an den Hochschulen des Bundeslandes mit weniger Geldern und möglicherweise auch weniger Studieninteressierten weitergehen soll.

Von Susanne Arlt | 15.05.2012
    Die Gespräche sind geheim, finden allesamt hinter verschlossenen Türen statt. Nicht einmal beim Campusrundgang darf die Presse die Mitarbeiter vom Wissenschaftsrat bei ihrer Arbeit begleiten. Zwei Tage lang nehmen sich die Gutachter Zeit, um die Hochschule Magdeburg-Stendal besser kennenzulernen. In ein- bis zweistündigen Gesprächen befragen sie dazu Vertreter der Hochschulleitung und des Kuratoriums, Mitarbeiter aus dem Wissenschaftsministeriums, reden mit Dekanen, Studierenden und auch Kooperationspartnern aus Wirtschaft und Wissenschaft. Der Wissenschaftsrat soll für die neue Hochschulreform Planungsimpulse geben, sagt Manfred Prenzel, Vorsitzender der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe.

    "Was ich deutlich sagen muss, dass es hier jetzt nicht darum geht, Noten zu verteilen. Das ist jetzt keine Bewertungsevaluation, sondern das ist eine, die eben im Großen und Ganzen konstruktiv angelegt ist. Eben in dem Sinn, Stärken zu identifizieren, Kooperationsmöglichkeiten zu identifizieren, Entwicklungsperspektiven möglicherweise zu benennen."

    Um sich einen Überblick zu verschaffen, müssen die Mitarbeiter des deutschen Wissenschaftrats insgesamt sieben Hochschulen in Sachsen-Anhalt begutachten. Für jeden Uni-Standort, so Prenzel, gebe es eine Arbeitsgruppe, die sich aus zwölf bis 15 Wissenschaftlern aus unter-schiedlichen Fachbereichen zusammensetze.

    "Natürlich können wir nicht die einzelnen Fächer anschauen. Das ist aber auch nicht unser Thema, wir sollen ja breiter draufschauen. Es geht uns vor allem darum, die Perspektiven innerhalb eines Systems zu sehen. Also nicht allein standortbezogen, sondern in übergeordnetem Bereich, wie schaut das jetzt aus der Perspektive eines Landes mit seinen Besonderheiten und vielleicht auch mit bestimmten Randbedingungen aus."

    Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff ist davon überzeugt, dass es an jedem Hoch-schulsystem noch etwas zu verbessern, straffen, umzuschichten gibt – vor allem angesichts der leeren Haushaltskassen. Wenn sich Sachsen-Anhalts Hochschulen bundesweit bewähren wollen, dann müssen sie künftig noch besser wissen, wo ihre Stärken liegen, betont die CDU-Politikerin.

    "Also aus meiner Sicht geht es da nicht um ein Streichkonzert, sondern um zukunftsorientierte, demografieorientierte und dem Landesbedarf entsprechende Weiterentwicklung unseres Hochschulsystems. Und wir haben vom Finanzministerium auch die Zusage, dass sich an der Finanzierung der Hochschulen nichts ändern wird, wenn das Niveau der Studierendenzahlen in etwa erhalten bleibt."

    Die sieben Hochschulen erhalten derzeit jährlich rund 600 Millionen Euro vom Land. Ob es auch künftig bei dieser Summe bleibt, ist fraglich. Allein aus diesem Grund sollten sich gerade die kleineren Fakultäten, die heute schon nicht ausgelastet sind, über sinnvolle Kooperationen oder gar Fusionen Gedanken machen, findet Birgitta Wolff.

    "Und da ist für mich immer die Frage, warum sperren wir selbst uns in das Korsett von Hochschulgrenzen, von Fakultätsgrenzen, warum folgen wir nicht dem Vorbild internationaler und anderer Hochschulmacher, fakultäts- vielleicht auch hochschulübergreifende Center mit eigenem Budget und da kommt man dann auch mal aus dieser disziplinären Vernagelung mal raus."

    Mit Hilfe des deutschen Wissenschaftsrats will die CDU-Politikerin daran nun etwas ändern. Und trifft zumindest beim Rektor der Hochschule Magdeburg-Stendal, Andreas Geiger, auf offene Ohren. Denn die demographische Entwicklung in Sachsen-Anhalt hat auch er im Blick:

    "Da stellt sich schon die Frage, ob wir in der Lage sind, diese Studiengänge in ihren Grundausbildungen auch auszufüllen mit hinreichend Studierenden. Und da kommt natürlich schon die Überlegung auf, ob man nicht vielleicht in der Grundausbildung stärker zusammen gehen könnte, also Bachelor-Ausbildung, um dann eben tatsächlich die Möglichkeit hat, in der Masterausbildung dann mehr in die fachliche Breite zu gehen."

    Im kommenden Jahr sollen die Empfehlungen für die sieben Hochschulen in Sachsen-Anhalt dann vorliegen.