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Fraktus
Welcome To The Internet

Sie waren die Erfinder des Techno, das behaupteten Fraktus 2012. In einer geschickten Kampagne verwirrten Torsten Bage, Dickie Schubert und Bernd Wand selbst gestandene Musikjournalisten. Als dann im Zuge der Veröffentlichung des Albums "Millenium" auch ein Dokumentarfilm gezeigt wurde, war klar: Alles nur eine Erfindung von Studio Braun. Jetzt erscheint der Nachfolger "Welcome To The Internet".

Von Dennis Kastrup | 21.11.2015
    Die Schauspieler und Musiker Jaques Palminger (l-r), Alicia Aumüller, Rocko Schamoni, Franziska Hartmann und Heinz Strunk spielen am 29.04.2014 in Hamburg auf der Fotoprobe von "Tonight:Fraktus".
    Jaques Palminger (l-r), Alicia Aumüller, Rocko Schamoni, Franziska Hartmann und Heinz Strunk bei einer Fotoprobe zu "Tonight:Fraktus" im Thalia Theater Hamburg (dpa/ picture alliance / Markus Scholz)
    Bernd Wand:
    "Du kannst nix neues erfinden. Du kannst entweder nur neu kombinieren oder weiter entwickeln. "
    Torsten Bages:
    "Man kann kein neues Leben beginnen, sondern immer nur das alte fortsetzen. "
    Bernd Wand:
    "Du zumindest und da wünsche ich dir auch auf deinen letzten Jahren viel Erfolg und viel Glück. Also bleib schön gesund und viel Spaß dabei."
    Fraktus sind eine schlaue Band. Die Mitglieder kennen das Musikgeschäft und machen sich nichts vor: Nach ihrem großen Erfolg vor drei Jahren muss das Trio nun, wie sie sagen, "Abliefern!". Eine schwere Aufgabe. Damals hatten Jaques Palminger, Rocko Schamoni und Heinz Strunk nicht das Problem, sich messen zu müssen. Sie selber haben die Zügel in der Hand gehabt und allen vorgegaukelt, in den 80ern Techno-Vorreiter gewesen zu sein. Ohne Fraktus kein Scooter, hieß es. Die deutsche Szene verneigte sich vor ihnen. Was haben sie also jetzt noch zu bieten?
    Bernd Wand:
    "Wir haben vor, uns mit der Platte im obersten Stockwerk der internationalen Musikpyramide einzunisten und deshalb singen wir auch Englisch und weil Dickie bei uns der einzige ist, der fließend Englisch kann, hat er auch die englischen Stücke drauf, zum Beispiel auch gleich das erste Stück, dass sofort alle wissen: die Band, die gehört ganz international!"
    Natürlich ist das mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Fraktus werden niemals die Bühnen außerhalb eines deutschsprachigen Landes erobern. Denn ihr größter Trumpf sind ihr Humor und ihre Sprachgewandtheit. Trotzdem experimentieren sie auf dem neuen Album "Welcome To The Internet" in englischer Sprache.
    Torsten Bage:
    "Was ein bisschen der Trick ist, dass wir versuchen Vokabeln, Begriffe zu benutzen, die international sind. Zum Beispiel gibt es einen Song, der hat sich jetzt schon, als heimlicher Hit herausgestellt mit starken Reaktionen. So heißt der: "Originals". Auf Englisch "Originals" und auch in Spanisch "Originals". Versteht man! Und das ist meine Devise gewesen. Früher gab es ja Esperanto. Weltsprache hat sich leider nicht durchgesetzt, aber "Originals", das versteht man überall."
    Als zusätzlicher Spaßfaktor wurde Rocko Schamoni, früher Dickie Schubert, nun in Dickie Starshine umbenannt. Seine drei Songs auf Englisch sind voller falscher Aussprache und Grammatikfehler. Das hat leider nichts mehr mit der facettenreichen Wortspielerei von Studio Braun zu tun.
    Dickie Starshine:
    "Das habe ich mir selber beigebracht in den letzten Jahren. Ich habe viel gebüffelt dran und jetzt ist es einfach da. Ich habe viel mit Leuten gesprochen, bei mir in der Gegend, die englischsprachig auch sind."
    Bernd Wand:
    "Ich verstehe das schon, aber er kann halt richtig gut Englisch. So gut konnte ich es nicht. "
    Als Aufhänger für das Album haben Fraktus das Internet gewählt. Schließlich braucht es eine Geschichte, um den Klamauk in das Konzept einzubetten.
    Bernd Wand:
    "Du musst dir das so vorstellen: Bei dir klopft das zuhause. Und dann machst du die Tür auf und dann steht da so ein Gewusel, weißt du, so ein Kabelsalat. Und dann sagst du halt: "Welcome to the internet", weil das Internet draußen steht. Dann sagst du: "Komm mal rein!". Dann setzt sich das Gewusel da irgendwie auf die Couch und dann musst du erst einmal gucken, wer ist denn da überhaupt zu Gast gekommen."
    Die Beats wurden aus einem Programm für Kleinkinder geklaut, so Fraktus. Mithilfe der erfolgreichen Produzenten T.Raumschmiere und Ben Lauber entstanden dann die Stücke. Dabei kopierten sie offensichtlich Kraftwerk, die Neue Deutsche Welle, Deichkind oder simple Dance-Music. Aber das klappt nicht so überzeugend und geschickt wie beim Debüt, weil die Musik blutleer wirkt.
    Dickie Starshine:
    "Das ist alles im Internet entstanden. Wir sind im Studio ja nicht vorbei gekommen, um damit aufzunehmen, sondern wir hatten Skype-Sessions mit denen. Unseren Gesang haben wir alles per Skype mit reingehauen. Das heißt, wir haben uns gar nicht gesehen bei den Aufnahmen, was uns sehr wichtig war."
    Bernd, Dickie und Torsten müssen sich auf "Welcome To The Internet" neu positionieren, abseits von Studio Braun und jenseits des gelungenen Spiels als Techno-Pioniere. Das gelingt ihnen nicht. Das Album klingt wie ein warmer Aufguss und oft äußerst albern. Denn selbst ein guter Witz funktioniert beim selben Publikum eben nur einmal!
    Torsten Bage:
    "Die Leute lachen aus drei Gründen: Verlegenheit, Scham und Unverständnis. Also das heißt, sie lachen, weil sie bestimmte Sachen nicht verstehen. Und durchs Lachen kaschieren sie das Unverständnis. "