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Fünf Tage, vom 4. bis zum 9. November, fanden im ZKM in Karlsruhe die ARD-Hörspieltage statt, und nicht nur im ZKM. Wer mit dem Zug anreiste und vom Bahnhof Karlsruhe zum ZKM die Straßenbahn nahm, konnte beispielsweise das Hörspiel " 030 - Der Anrufbeantworter" von Benjamin Kloß hören.

Von Frank Olbert | 14.11.2009
    Ebenso wie acht andere Einreichungen zum Wettbewerb "Premiere im Netz" erklang es in der Karlsruher Hörspielbahn, die während der ARD-Hörspieltage durch die Stadt fuhr und außer Kurzhörspielen auch ein Live-Programm von Medienkünstlern der Hochschule für Gestaltung bot. Mit seinem "Anrufbeantworter" gewann der erst 22 Jahre junge Hörspielmacher Benjamin Kloß den Wettbewerb und damit eine professionelle Produktion in einem ARD-Studio.

    Seit die Hörspieltage in Karlsruhe eine neue Heimat fanden, sind sie Austragungsort für zwei weitere Preise, den Deutschen Hörspielpreis der ARD, den eine Jury vergibt, und den ARD-Online-Award, über den das Publikum in Karlsruhe und im Internet abstimmt. Zum dritten Mal erlebte dieser Doppelpreis in diesem Jahr einen Doppelsieg: Stefan Weigls Hörspiel "Moment, das wird Sie interessieren" fand sowohl beim Publikum als auch bei der Jury offene Ohren. Es dauert eigentlich nur einen Anruf lang und das Anliegen des Anrufers klingt denkbar simpel: Er will seinen Account kündigen.

    Frank Olbert: Herr Weigl, das erste Mal haben wir miteinander gesprochen, als Sie den Hörspielpreis der Kriegsblinden für Ihr Debütstück "Stripped- ein Leben in Kontoauszügen" bekommen haben. Dieses Mal ist Ihnen gleich ein Doppelpass gelungen, wieder mit einem Stück aus der schönen, neuen Konsumwelt. Ist das Ihr Lieblingsthema?

    Stefan Weigl: Es sind Sachen, die mir auffallen. Bei "Stripped" waren es meine Kontoauszüge beziehungsweise das Profil, das sich daraus ergibt. Und dieses Mal war es tatsächlich so ein Kündigungsgespräch.

    Olbert: Haben Sie bei Callcentern recherchiert?

    Weigl: Ich habe recherchiert, aber ich muss auch gestehen, dass ich selbst zwölf Jahre lang Werbetexter und Kreativdirektor war. Ich weiß, wie diese Telefonskripte funktionieren.

    Olbert: Sie sind dem Hörspiel treu geblieben. War das von Anfang an ein Stoff für das Radio?

    Weigl: Auf jeden Fall. Es ist mein Anspruch, Originalhörspiele zu machen. Ich versuche auch die Möglichkeiten des Mediums auszunutzen. Das war bei "Stripped" so, das war auch bei "Nacht unter Berlin" so, obwohl es schon das Stück ist, das der Literatur am Nächsten steht. "Todesroman" kann ich mir auch nicht in einem anderen Medium vorstellen. Und das aktuelle Hörspiel ist als Telefongespräch ja fast schon ein eigenes Genre.

    Olbert: Ja, es ist eine klassische Hörspielsituation. Hat sich der Text während der Produktion noch verändert? Haben die Sprecher improvisiert?

    Weigl: Nein, dieses Mal nicht. Meine sonstigen Stücke sind da ganz anders. Da entsteht Vieles erst am Schluss. Dieses Mal habe ich einen fertig ausgeschriebenen Text mitgebracht. Der Regisseur Thomas Wolfertz hat ihn so sprechen lassen. Soviel ich weiß, hat er die Sprecher in zwei verschiedenen Räumen aufgenommen, um die Telefoniersituation authentischer darzustellen.