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Großbritannien
Notenvergabe als TV-Event

Heute ist A-Level-Day in Großbritannien: Hunderttausende Schüler landesweit erfahren ihre Abiturnoten. Die britischen Medien veranstalten einen regelrechten Hype, um hautnah dabei zu sein und Freudentränen oder Frust in Großaufnahme einzufangen.

Von Jochen Spengler | 14.08.2014
    "I am Sally Black, I'm 19 und I live in Lazonby. Ich habe als Abi-Fächer Psychologie, Biologie und Sozialfürsorge gewählt. Und wenn ich meine Wunschnoten bekomme, will ich Krankenpflege am KingsCollege in London studieren."
    Ihre Noten erfährt Sally jetzt, denn heute ist A-Level-Day – die Abiturnoten werden landesweit bekannt gegeben und ihre Mutter, aber auch eine BBC-Reporterin sind live in der Schule dabei, als Sally den Briefumschlag öffnet:
    "She has agreed to open her results live on the Telly. Please open them up for us please, Sally."
    "Mum how are you feeling?"
    "Excited, can't wait..."
    "Okay Sally? Two A Stars and an A..."
    Zweimal A-Sternchen, also Bestnote und einmal A, was ausgezeichnet bedeutet:
    "So what happens then in September, tell us!"
    "I am going to Kings College in London!"
    Ticket zur Wunsch-Uni
    Sally wird ihre Wunsch-Uni besuchen und insgesamt 98 Prozent haben in diesem Jahr das englische Abitur geschafft, 0,1 Prozent weniger als im Vorjahr - erstmals seit 32 Jahren ein leichter Rückgang. Zwar wurden die beiden Bestnoten A Sternchen und A in immerhin 26 Prozent der Fälle vergeben – aber auch dies ist etwas schlechter und vermutlich Folge der verschärften Prüfungsanforderungen, die der konservative Ex-Bildungsminister Michael Gove durchgesetzt hat.
    Die 18-jährige Bronwyn aus Wales meint:
    "Das zeigt, wie schwierig diese Prüfungen tatsächlich sind. Es war höllenviel Arbeit in den letzten zwei Jahren und ich bin richtig zufrieden. OK – es gab einen Rückgang, aber daran sieht man, wie schwer sie sind."
    Immer mehr Schüler konzentrieren sich nur noch auf drei Abifächer und wählen zunehmend sogenannte harte Brocken wie Mathe oder Englisch oder Chemie. Die neue Bildungsministerin Nicki Morgan erklärt, es gehe der Regierung nicht um immer höhere Zahlen, sondern um immer höhere Standards:
    "Ich glaube ein A-Level ist eine bemerkenswerte Leistung für einen Schüler und was wir wollen ist ein Standard, in den Arbeitgeber und Universitäten vertrauen und für den Schüler ein tiefes Verständnis ihrer Fächer entwickeln, sodass sie dann die Hochschule besuchen können, wenn sie das wollen, oder aber in die Arbeitswelt wechseln oder eine Lehrstelle annehmen."
    Der A-Level-Day wird von den britischen Medien geradezu zelebriert. Hunderttausende Schüler erfahren ihre Noten und die Fernsehsender veranstalten einen regelrechten Hype, um hautnah dabei zu sein und Freudentränen oder Frust in Großaufnahme einzufangen:
    Nicht alle Träume erfüllen sich
    Obwohl 52,4 Prozent der Abiturienten mindestens Note B bekommen haben, was kurioserweise überdurchschnittlich bedeutet, erfüllen sich nicht alle Träume – Jack etwa hätte ein A und zwei B benötigt für seine Wunschuni:
    "Ich habe nur drei B's, aber ich habe noch ein Studienplatzangebot in Newcastle."
    Die englischen Abiturienten mussten sich schon vor bis zu zehn Monaten mit ihren erwarteten Noten an den Unis bewerben, vermittelt durch die zentrale Zulassungsbehörde UCAS. Ihre Chefin Mary Curnock Cook erläutert:
    "Die wirklich gute Neuigkeit ist, dass wir eine Rekordzahl von Bewerbern haben, die schon am heutigen Tag ihren Wunschstudienplatz in der Tasche hat - das sind fast 400.000 Leute."
    Drei Prozent mehr als im Vorjahr. Über Nachrückverfahren werden noch Zehntausende ihre präferierte Uni besuchen oder ihr bevorzugtes Studienfach belegen können, was auch daran liegt, dass die Regierung den über 120 britischen Universitäten 30.000 zusätzliche Studienplätze genehmigt hat. Die konkurrieren hart um die Studenten und locken zum Teil mit iPads, Sportstudio-Mitgliedschaften oder Unterkunfts-Rabatten.