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Handball
Mindestlohn contra Nachwuchsarbeit?

Der neue Mindestlohn torpediere die Nachwuchsarbeit, beklagen Manager der Handball-Bundesliga. Nicht nur Gummersbachs Geschäftsführer Frank Flatten fordert eine Ausnahmeregelung für die Grauzone zwischen Breiten- und Leistungssport.

Von Erik Eggers | 04.01.2015
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    Die Spieler von THW Kiel feiern mit den Fans (picture alliance / dpa)
    Der Altmeister VfL Gummersbach setzt auf die Jugend. Und VfL-Geschäftsführer Frank Flatten hätte nach dem abschließenden Heimsieg gegen die Füchse Berlin eigentlich über die erfolgreiche Herbstserie jubeln müssen: Seine mit vielen Talenten gespickte Mannschaft überwintert auf Platz Sieben und liegt nur zwei Punkte hinter einem Europapokalplatz.
    Doch seine Freude trübte das Mindestlohngesetz, das am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist. Die Folgen dieses Gesetzes, sagt er, bedrohten das gesamte Nachwuchskonzept des Traditionsvereins, der seit Jahren mit hohem Einsatz eine Jugendakademie betreibt. Denn die bisherige Praxis des VfL, aufstrebende Talente mit Minijob-Verträgen auszustatten, sei nun nicht mehr möglich.
    "Wir haben Spieler in der zweiten Mannschaft, die sind als Minijobber gekommen, sind aber 100 und mehr Stunden im Monat für den Handball im Einsatz. Die werden jetzt deutlich mehr kosten. Ich hätte mir im Sinne des Sports eine Ausnahmeregelung gewünscht, aber da hat der Deutsche Olympische Sportbund die Entwicklung offenbar verschlafen."
    Zusätzliche Kosten
    Dieses Problem sei für ihn die größte Herausforderung im Jahr 2015, sagt Flatten. Dadurch, dass die Nachwuchshandballer nun voll sozialversicherungspflichtig sind, befürchtet er zusätzliche Kosten in sechsstelliger Höhe. Auch Branchenführer THW Kiel kritisiert die Folgen des Mindestlohngesetzes für den Nachwuchshandball. Damit erhöhe sich erneut dramatisch die Ausgabenseite für die Nachwuchsarbeit, während die Erlöse stagnierten, klagt THW-Geschäftsführer Thorsten Storm.
    Andere Vereine wie Hannover-Burgdorf werden deutlich geringer belastet, weil viele Talente ohne jedes Entgelt in der Reservemannschaft spielen. Aber auch Hannovers Geschäftsführer Benjamin Chatton fordert eine Ausnahmeregelung für diese Grauzone zwischen Breitensport und Profisport, in der sich viele Handballclubs in den dritten und vierten Ligen bewegen. Es könne nicht sein, dass das Mindestlohngesetz, das eigentlich auf völlig andere Arbeitsbereiche ziele, erfolgreiche Nachwuchsarbeit behindere, meint Chatton.
    Unter die Ausnahmeregelung des Mindestlohngesetzes fallen im Sport lediglich alle ehrenamtlich tätigen Kräfte, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem DOSB auf Anfrage mitteilte. Eine ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne des Gesetzes sei dann gegeben, wenn sie nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung ausgehe, sondern von dem Willen geprägt sei, sich für das Gemeinwohl einzusetzen.