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Illegaler Bergbau in Südafrika
Auf eigene Rechnung und eigenes Risiko

Die Zahl der Grubenunglücke in Südafrika steigt. Ein Grund: Illegale Bergleute arbeiten in den vielen stillgelegten Gruben, die nicht mehr profitabel sind. Die verarmten Bergleute verdienen so ein bisschen Geld, um in einem Land zu überleben, dessen Wirtschaft in einer tiefen Krise steckt.

Von Leonie March | 26.05.2018
    Zwei Männer aus Simbabwe klettern an einem alten Seil in eine stillgelegte Goldmine bei Soweto in der Nähe des südafrikanischen Johannesburg hinunter
    Ohne Helm und Sicherheitsschuhe hinab in die Gefahr: zwei Bergleute aus Simbabwe auf eigene Faust in einer stillgelegten Goldmine nahe Soweto. (picture alliance / dpa / EPA / Kim Ludbrook)
    Der Zutritt ist verboten. Doch das Tor zum "George Harrison Park" steht offen. 1886 sind hier die Goldadern entdeckt worden, denen Johannesburg seine Existenz verdankt. Die historischen Schächte sind längst stillgelegt. Wenigstens in der Theorie. Eine Spur aus Müll, Exkrementen und Batterien führt zu den Männern, die hier schon seit Jahren auf eigene Faust nach Gold graben.
    Zerlumpte, staubige Gestalten schleppen Steinbrocken in selbstgebastelten Rucksäcken aus dem Untergrund. Einige machen verschreckt kehrt, die anderen schauen skeptisch. Sie mögen keine Zuschauer. Nur einer ist bereit, anonym von seiner Arbeit zu erzählen:
    "Ich mache das schon seit sechs Jahren. Davor war ich lange arbeitslos, ohne Perspektive auf einen Job. Aber jetzt kann ich meine Familie ernähren, das Schulgeld für die Kinder bezahlen und meine alten Eltern unterstützen. Dafür schufte ich jeden Tag, im Schnitt zwölf Stunden. Manchmal bleibe ich aber auch tage- oder wochenlang dort unten."
    Zama Zama: "Die, die es immer wieder versuchen"
    Seine dunkle Haut hat die Farbe der Erde angenommen, ein schuppiges Grau-Gelb. Er trägt eine Mütze statt eines Schutzhelms, Sneakers statt Sicherheitsschuhe. Seine einzigen Werkzeuge sind Hammer und Meißel. "Zama Zama" werden Männer wie er genannt. Übersetzt heißt das so viel wie: Die, die es immer wieder versuchen.
    Und zwar überall im Land, meint David van Wyk von der "Bench Marks Foundation", einer Stiftung, die sich unter anderem für Menschenrechte im Bergbau einsetzt:
    "Es gibt etwa 6.000 verlassene Minen in Südafrika. Ein Zehntel von ihnen hier im Großraum Johannesburg. Und wir schätzen, dass allein in diesen Minen rund 30.000 Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen."
    "Wir passen so gut es geht aufeinander auf"
    Reich werde man entgegen aller Gerüchte nicht, betont der "Zama Zama". Mal verdiene er mehr, mal weniger.
    Die "Zama Zama" erhalten nur einen Bruchteil der Gewinne, obwohl sie jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen. Ihre Arbeit ist so hart wie gefährlich. Sie atmen Quarzstaub sowie giftige Gase ein und laufen in den ungesicherten Stollen ständig Gefahr, von Felsabbrüchen begraben zu werden.
    "Wir arbeiten immer im Team und passen, so gut wie es geht, aufeinander auf. Wenn jemand verletzt oder getötet wird, tun wir alles, um ihn zu bergen. Bei besonders kritischen Situationen haben wir auch schon die Minenrettung gerufen. Damit laufen wir jedoch Gefahr, verhaftet zu werden. Die meisten Unfälle und Toten melden wir deshalb nicht. Manchmal werden Leichen sogar einfach liegengelassen."
    Wachmann zum Schutz gegen Banden und Polizei
    "Erzähl ihr von der Polizei", ruft einer der Männer. Der "Zama Zama" erzählt von Schikanen und Bestechungsgeldern. Auch deshalb hätten sie jetzt Wachmänner engagiert. Er deutet auf einen jungen Mann in erstaunlich sauberer Kleidung.
    "Er warnt uns, wenn die Polizei kommt. Dann verstecken wir uns. Außerdem hält er nach den kriminellen Banden Ausschau, die uns ausrauben wollen."
    Mikro-Bergbau soll an einzelnen Orten entkriminalisiert werden
    Diese Gefahren, die zum Alltag der "Zama Zama" gehören, seien vermeidbar, wenn ihre Arbeit entkriminalisiert würde, fügt David van Wyk hinzu. Jedenfalls in Stollen wie diesen, die nah der Oberfläche liegen.
    "Allein im Großraum Johannesburg leben nahezu eine viertel Million Menschen vom Einkommen der 'Zama Zama'. Statt sie als illegal abzustempeln, sollte die Regierung sie lieber anerkennen. Sie propagiert doch mehr Teilhabe schwarzer Südafrikaner an der Bergbauindustrie. Man sollte diesen Mikro-Bergbau formal organisieren, Arbeitsbedingungen sowie Sicherheit verbessern und den Männern beibringen, wie sie kleine Unternehmen führen."
    Lange ist diese Forderung seiner Stiftung auf taube Ohren gestoßen. Doch auf der Bergbaumesse hat der zuständige Minister nun angekündigt, eine schrittweise Legalisierung in einzelnen Minen einzuleiten.