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Laubenbekenntnisse
Lob der Arbeit

Von Jule Eikmann | 22.05.2016
    Rote Geranien leuchten in der Sonne.
    Rote Geranien leuchten in der Sonne. (Deutschlandradio / Ellen Wilke)
    Draußen sein!
    Die milde Frühjahrsluft umärmelt mich, ein Hauch von Flieder hängt darin.
    Ich hänge in den Beeten, die Knie tief in duftender Erde versenkt. Die Hände nicht minder. Jedes ausgezupfte Kraut krallt sich mit seinen Wurzelfäden an dem saftigen Schwarz fest, und lässt ein paar frische Krümel auf den Beeten fallen. Ich liebe diesen Duft.
    Die Woche war hart, jeden Tag die gleiche Frage: Muss ich heute wirklich direkt zur Arbeit? Oder gönn ich mir vorher noch ein Stündchen im Grünen? Ich könnte die Mittagspause vorziehen!
    Auf die Idee, das einzig wahre Wellnesserlebnis "GartenArbeit” zu nennen, konnten nur die Deutschen kommen. Wenn ich das richtig sehe, sind wir das einzige Volk in Europa, das mit preußischem Pflichtbewusstsein auch im Garten arbeitet.
    Die Engländer beispielsweise, in vielerlei Hinsicht Vorreiter wenn es um das Kulturgut Garten geht, arbeiten nicht, wenn sie die Rosenschere schwingen oder den Golf-Rasen vertikutieren, sie gärtnern. Gardening - so einfach, so zutreffend. Ich arbeite ja auch nicht am Herd, wenn ich koche.
    Obwohl, das ist womöglich wie so vieles wieder Ansichtssache. Wenn Gartennachbarin Vera abends ihren Blümchenkittel an den Nagel hängt und das Tor zu ihrer Parzelle abschließt, entfleucht ihr automatisch ein "Tagwerk erfüllt”. Ja ja, Garten ist schön, macht aber auch viel Arbeit.
    Meiner nicht. Meiner macht viel Freude: Wächst doch alles von alleine! Ab und an kredenze ich meinen Pflänzchen einen leckeren Cocktail aus Hornspäne und Pferdemist.
    Oder meditiere über dem Gartenschlauch.
    Dann lege ich mich in die Hängematte und lasse mich im Gegenzug von ihnen verwöhnen: Der kräftige Duft der Pfingstrosen legt sich wie eine bonbonfarbene Decke über mich.
    Die Blätter vom Apfelbaum spielen einen Sonnenlichtsonate auf meinen geschlossenen Lidern.
    Ich komm dann etwas später, Chef!
    Deine Petunia Pieper