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Mensch steckt Schwein an

Bei der Schweinegrippe hat die Weltgesundheitsorganisation vorerst Entwarnung gegeben – die Grippe nimmt einen leichteren Verlauf als erwartet. Allerdings beschränkt sich der Ansteckungsweg mittlerweile nicht mehr auf Mensch zu Mensch. In Kanada soll ein erkrankter Arbeiter Schweine angesteckt haben.

Von Almuth Knigge | 05.05.2009
    Heute wird im Friedrich-Löffler-Institut auf der Forschungsinsel Riems bei Greifswald ein ganz besonderer Risiko-Transport erwartet. Das berühmt gewordene H1N1-Virus wird in den Hochsicherheitslaboren des Institutes für Tiergesundheit genauestens untersucht werden. Denn das Szenario, was vor ein paar Tagen noch Theorie war, hat sich nun in Kanada bestätigt. Mitte April war ein Arbeiter aus Mexiko zurück auf einen Bauernhof in Kanada gekehrt, er wurde krank und zwei Wochen später auch 200 Schweine. Der Mann ist inzwischen wieder genesen, auch den Tieren geht es besser. Aber sie stehen unter Quarantäne und werden genau untersucht, denn jetzt ist wahrscheinlich, was nicht nur die Forscher auf der Insel Riems vermutet haben. Institutschef Thomas Mettenleiter :

    "Es kann natürlich zum einen passieren, dass sich dadurch ein potentiell human-pathogenes Virus in der Schweinepopulation etabliert, aber es kann natürlich auch die Schweine selber bedrohen, denn die Impfstoffe, die wir im Moment haben, die würden im Moment gegen dieses neue Virus nicht sicher schützen, vielleicht ein bisschen, aber nicht so gut."

    Wenn das Virus zurück zum Tier übertragen wird, könnte es sich dort noch weiter verändern. Professor Mettenleiter und sein Team wollen nun in den nächsten Wochen und Monaten untersuchen, wie sich das beim Menschen isolierte Virus H1N1 bei Tieren verhält. Dazu werden Schweine und Vögel infiziert.

    "Das sind zum Beispiel Szenarien denkbar, dass sich das Virus vom Menschen auf das Schwein überträgt, und wenn es sich im Schwein vermehrt, das Schwein als Reservoir dann trotzdem dienen kann, so etwas ist schon mindestens einmal in der Geschichte passiert, dass ein menschliches humanes Virus H3N2 auf Schweine übergangen ist und sich in der Schweinepopulation festgesetzt hat, also diese Mutation die geht in beide Richtungen, nicht nur vom Schwein zum Mensch, sondern auch vom Mensch zum Schwein."

    H3N2 war 1968 Ursache der Pandemie, die als Hongkong-Grippe bezeichnet wurde. Auch damals hatten sich menschliche Viren in der Schweinepopulation etabliert und krank gemacht. Üblicherweise werden Menschen beim Kontakt mit grippekranken Schweinen nicht krank. Für die meisten Grippeviren-Varianten von Schweinen fehlt der Rezeptor, sodass keine Infektion möglich ist. Trotzdem ist theoretisch eine Infektion über Tröpfchen oder Staub möglich. Deshalb warnt Professor Mettenleiter: Was in Kanada passiert ist, könnte sich auch hier ereignen und deshalb sollten die Schweinehalter die Betriebshygiene ernst nehmen, und keine Menschen in die Ställe lassen, die dort nicht hingehören und oder die neue Form der Grippe haben könnten. Essen kann man Schweinefleisch aber nach wie vor – wenn man die üblichen Hygienevorschriften einhält. "Eine Infektion über den Verzehr von Lebensmitteln ist bislang nicht bekannt."