Dienstag, 07. Mai 2024

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Nebenwirkungen von Medikamenten
Neue Studie zum Nocebo-Effekt

Patienten, die über die Nebenwirkungen eines Medikamentes Bescheid wissen, leiden häufiger unter diesen als Unwissende. Das haben Londoner Mediziner nun mit einer Studie belegt. Reale und eingebildete Nebenwirkungen könnten allerdings nicht so klar getrennt werden, sagte der Pharmakologe Bernd Mühlbauer im DLF.

Prof. Bernd Mühlbauer im Gespräch mit Christian Floto | 30.05.2017
    Zwei kleine bunte Pillen in der Innenhand eines Mannes
    Patienten, die über Nebenwirkungen Bescheid wissen, leiden auch häufiger unter ihnen. (dpa / Daniel Reinhardt)
    Die Londonder Mediziner werteten für ihre Studie die Daten von mehr als 10.000 Patienten aus. Diese hatten entweder ein Scheinmedikament oder ein Cholesterin senkendes Mittel eingenommen. Diese sogenannten Statine können eine Reihe von Nebenwirkungen haben: etwa Muskelschmerzen, Schlafstörungen oder auch Gedächtnisprobleme.
    Bei Patienten, die nicht wussten, ob sie ein Statin oder ein Placebo einnehmen, traten Nebenwirkungen seltener auf. Bei Patienten, die wussten, dass sie ein Statin einnehmen, kam es sehr viel häufiger zu Muskelschmerzen und anderen unerwünschten Nebenwirkungen.
    "Das ist überhaupt nicht überraschend. Das ist der sogenannte Nocebo-Effekt", sagt Prof. Bernd Mühlbauer, ist Direktor des Instituts für Pharmakologie am Klinikum Bremen Mitte, im Deutschlandfunk.
    Nocebo = "Ich werde schaden"
    Jeder kenne den Placebo-Effekt, bei dem man sich eine günstige Wirkung vorstellt oder einbildet, selbst wenn man ein Scheinmedikament einnimmt. Genauso gebe es den umgekehrten Fall - Nocebo: "Ich werde schaden" (lat.).
    "Man spürt Nebenwirkungen mit einer größeren oder häufigeren Wahrscheinlichkeit, wenn man gezielt darüber aufgeklärt worden ist. Das kennt man aus der klinischen Forschung", sagt Bernd Mühlbauer.
    Ob es sich um reale oder eingebildete Nebenwirkungen handele, könne nicht klar getrennt werden, so Mühlbauer. "Das ist eine Mischform. Der Körper ist nicht so schwarz-weiß, das wir nur Einbildung oder nur Wirkung haben."
    In jedem Fall müsse der Patient mit seinem Arzt darüber reden, wenn er denkt, dass er eine Nebenwirkung erlebt. Er dürfe das Medikament wegen dieser Nebenwirkung nicht eigenmächtig absetzen, erklärt der Fachmann.