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Neues Lernen

IT.- Wie kann Computertechnik bei der Bildung von Kindern eingesetzt werden? Mit dieser Frage beschäftigten sich nun die Teilnehmer der Konferenz "Interaction Design and Children". Ein Wermutstropfen: Projekte, an denen die Forscher arbeiten, verfehlen oft die Realität des heutigen Computergebrauchs in der Schule.

Von Po Keung Cheung | 16.06.2012
    Ein großer weißer Teppich in einem abgedunkelten Raum. Auf ihm sind animierte Libellen zu sehen, die sich scheinbar willkürlich bewegen. Das Bild stammt von einem Beamer an der Decke. Geht eine Person auf den Teppich, dann weichen die Libellen plötzlich aus, Musik ertönt.

    Je nachdem, wie sich der Mensch bewegt, verändern sie ihr Verhalten und ihre Farbe. Bleibt er ruhig, dann bleiben das auch die virtuellen Tiere. Reagiert er schneller, dann werden die Libellen hektischer und dunkler, die Musik dramatischer. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Anja Zeising von der Universität Bremen leitet das Projekt mit dem Namen "Schwarm".

    "Wenn das Kind dann sich weiter stärker bewegt, dann ist es so, dass der Schwarm so reagiert, dass es von den Kindern als aggressiv in positiver Hinsicht empfunden wird, dass er also einen starken Herdentrieb zeigt, dass er sehr schnell wird, dass er folgt, so ähnlich wie ein Mückenschwarm oder ein Insektenschwarm, also es eine Rückmeldung auf einer semantischen Ebene."

    Was wie ein Spiel aussieht, ist in Wirklichkeit ein wissenschaftliches Projekt. Anja Zeising hat ihre Doktorarbeit darüber geschrieben. Kinder lernen das Verhalten von Schwärmen kennen und wie sie auf Einflüsse von außen reagieren. Und es gehe darum, sie an Technik heranzuführen, so Zeising.

    "Wenn sie das entdeckt haben, dass sie den Schwarm beeinflussen können, dann fangen sie an, Fragen zu stellen. Wie funktioniert das eigentlich, wenn ich mich jetzt hinlege, was passiert denn dann? Und dann fragen sie also nach den Regeln, die dahinterliegen, die ja jedes technische System hat und auch dieses System hat es. Und wir wollen sie einfach dafür begeistern, diese Fragen zu stellen."

    Seit 2004 wird das Projekt "Schwarm" in Bremen bereits durchgeführt und weiterentwickelt. Inhalte spielerisch vermitteln, diese Form der Interaktion hält auch Yasmin Kafai für wichtig. Für die US-Professorin von der Universität Pennsylvania hat vor allem die Optik einen hohen Stellenwert.

    "Das spielt eine große Rolle, vor allem für Kinder, die eben zum Teil vielleicht noch nicht richtig schreiben oder lesen können. Und da sind natürlich grafische Programmierschnittstellen viel angemessener als das, was viele professionelle später benutzen, obwohl man inzwischen viele professionelle Umgebungen auch sehr visuell ausgerichtet sind."

    Optik und andere Effekte stehen aber nur beim "Schwarm" im Mittelpunkt. Zahlreiche auf der IDC vorgestellte Projekte arbeiten mit den Sinnen der Kinder. Anfassbare Schnittstellen, sogenannte "Tangible User Interfaces", stehen im Mittelpunkt der Forschung. Tablet-Computer mit Touch-Displays und speziellen Lernprogrammen oder auch Kleidungsstücke mit eingebauten Sensoren, die auf bestimmte Bewegungen reagieren. Kinder lesen keine Anleitungen, sie wollen einfach probieren, sagt Yasmin Kafai.

    "Es gibt einfache Interface, die sind intuitiv, die sind so gestaltet, dass also mit der Art von Eingebung man alles machen kann. Und dass man sozusagen ohne Dokumentation sich in diese Umgebung einfinden kann und auch erstmal Sachen machen kann. Einen ganz niedrigen Einstieg haben, der für jeden zugänglich ist. Und das ist eigentlich das Wichtigste für Kinder und für die Gestaltung von Umgebungen für Lernende."

    Die US-Professorin hält es auch für wichtig, dass die Phantasie berücksichtigt wird. Sie arbeitet an dem Softwareprojekt "Scratch", das Kindern das Programmieren eigener Anwendungen ermöglicht. Und zwar ohne Tippen von Befehlsketten, sondern mithilfe von Bausteinen. So einfach wie das Bauen eines Lego-Häuschens, wie Yasmin Kafai sagt. Das fördere das logische Denken. Eine Ansicht, die auch Anja Zeising teilt.

    "Eigentlich gehen wir davon aus, dass sich das Verhältnis zur Technik tatsächlich langfristig ändert, dass sie merken, dass es keine Zauberei ist, die dort passiert, dass es keine Maschine ist, die irgendeine Funktion erfüllen soll und das ist von irgendwelchen Wissenschaftlern oder Technikern erbaut und ausgedacht, was man sowieso niemals erreichen kann, sondern wir wollen es anfassbar gestalten, den Kindern zeigen, dass sie Technik mit gestalten können."