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Numerus clausus
Unis reagieren auf die Flut von Studierenden

Eine neue Studie des Centrums für Hochschulforschung zeigt: Fast jeder zweite Studiengang ist zulassungsbeschränkt. Aus Sicht der Unis sei das eine verständliche Reaktion, sagte Cort-Denis Hachmeister, Autor der Studie, im DLF. Unterschiede gebe es vor allem bei den Ländern.

Cort-Denis Hachmeister im Gespräch mit Manfred Götzke | 09.04.2014
    Studenten während einer Vorlesung in einem überfüllten Hörsaal der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
    Die Hochschulen in Deutschland sind so voll wie noch nie. (Sperling / dpa)
    Manfred Götzke: Die Hochschulen in Deutschland sind so voll wie noch nie, Studenten beklagen überfüllte Hörsäle und fehlende Profs, und die Wirtschaft jammert: Wir finden keine Lehrlinge mehr, weil zu viele junge Leute studieren. Und wie reagieren die Unis und FHs darauf? Sie machen die Schotten dicht.
    Das Centrum für Hochschulforschung hat in einer neuen Studie rausgefunden: Fast jeder zweite Studiengang ist mittlerweile zulassungsbeschränkt, ist also mit einem NC belegt. Cort-Denis Hachmeister ist der Autor der Studie. Herr Hachmeister, NC festlegen und Tür zu für das Gros der Studenten – ist das eine sinnvolle Reaktion auf die steigende Studienlust der Schüler?
    Cort-Denis Hachmeister: Ja, aus Sicht der Hochschulen sicherlich, aber man muss ja bedenken, dass die NCs nur dann eingeführt werden, wenn dauerhaft sozusagen immer mehr Studienanfänger einen bestimmten Studiengang studieren wollen, als eigentlich Plätze dafür vorhanden sind, und dann wird die Kapazität auf einem sehr hohen Niveau dann sozusagen festgesetzt.
    Götzke: Dann gucken wir doch auf die Situation: Welche Studiengänge sind denn besonders beliebt und besonders stark beschränkt?
    Hachmeister: Also hier kann man insbesondere Länderunterschiede festmachen, gar nicht mal so stark zwischen den Fächern, das haben wir gar nicht untersucht, sondern man sieht, dass in den Stadtstaaten oder auch in großen Städten die Nachfrage nach Studienplätzen im Verhältnis zu der angebotenen Anzahl von Studiengängen sehr stark im großen Missverhältnis steht. Das heißt, also, wenn man sich jetzt in Berlin zum Beispiel für einen Studienplatz bewirbt, hat man sehr viel öfter einen NC, als wenn man das jetzt zum Beispiel in Thüringen machen möchte.
    Götzke: Welche anderen Hochschulstädte sollte ich mit einem eher mittelmäßigen Abischnitt besser meiden?
    Hachmeister: Ja, also wir haben besonders hohe Quoten jetzt hier in den drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen festmachen lassen, im Saarland ist es auch, das ist ja auch ein halber Stadtstaat, ansonsten gibt es noch in Niedersachsen relativ viele Quoten.
    Götzke: Was mich persönlich erstaunt hat an Ihrer Studie ist, dass es mehr Beschränkungen oder höhere Beschränkungen an den Fachhochschulen gibt als an den Universitäten.
    Hachmeister: Das hat uns auch ein bisschen erstaunt, aber das scheint eben der Fall zu sein, obwohl der Unterschied nicht besonders groß ist, muss man tatsächlich sagen. Und vielleicht ist auch einfach die Anzahl der Studiengänge, die an Fachhochschulen angeboten werden, sehr viel höher, sodass sozusagen dann doch insgesamt mehr Studiengänge an Fachhochschulen frei sind, aber die Quote ist etwas höher.
    Götzke: Was und vor allem wo kann man denn noch mit einem 2,6-er-Abi zum Beispiel studieren?
    Hachmeister: Besonders niedrige Quoten – gibt es gerade in dem Bachelorbereich, also für Studienanfänger – sind in Thüringen zu finden oder auch in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt, in diesen drei Bundesländern ist die Quote der zulassungsbeschränkten Studiengänge unter einem Viertel, das heißt: 75 Prozent der Studiengänge – kann man einfach hingehen an die Hochschule und sich dort einschreiben ohne Beschränkungen.
    Götzke: Haben Sie vielleicht auch ein paar Tipps, welche Studiengänge da besonders viele Möglichkeiten bieten?
    Hachmeister: Besonders niedrige Quote ist zum Beispiel in Thüringen bei den Ingenieurwissenschaften zu finden, also das sind gerade mal sieben Prozent der Studiengänge, die da zulassungsbeschränkt sind, aber die anderen Fächer, bei denen ist das auch ähnlich, in den Bundesländern, die ich genannt hatte, Thüringen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, da ist es eigentlich überall relativ niedrig. Eine andere niedrige Quote ist zum Beispiel bei den Sprach- und Kulturwissenschaften in Schleswig-Holstein zu finden. Also man muss halt schon sehr genau hinschauen, was man studieren möchte, und eben den Blick nicht nur auf das eigene Bundesland richten, sondern tatsächlich auch andere Bundesländer in Betracht ziehen.
    Götzke: Mobil sein heißt die Devise, und wer kein Einser-Abi hat, der sollte Stadtstaaten meiden, sagt Cort-Denis Hachmeister vom Centrum für Hochschulentwicklung. Vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.