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Ruhe im Karton

Viele knifflige Aufgaben waren auf Ana Dimke, neue Rektorin der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Die Kunstpädagogin muss auch Ruhe in ein Haus bringen, das zuletzt durch einen Streit zwischen der Hochschulleitung und dem Maler und Dozenten Neo Rauch aufgefallen war.

Von Thomas Matsche | 22.06.2011
    Durch das Glasdach strömt jede Menge Tageslicht in den prachtvollen Eingangsbereich der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Die hellen Fassaden in dem dreistöckigen Gebäude wirken mondän. Ein Ort zum Wohlfühlen. Und doch muss sich mit der neuen Rektorin Ana Dimke, etwas ändern, sagen viele der HGB-Studierenden und haben es in ein Büchlein geschrieben. Es liegt am Eingang aus und auf einer Seite steht geschrieben: Schluss mit der Vetternwirtschaft. Aber auch: Wir wollen eine bessere Webseite oder längere Öffnungszeiten der Hochschule. Mit diesen und anderen Problemen wird sich Ana Dimke ab sofort befassen müssen.

    Im Festsaal im zweiten Stock hält Ana Dimke ihre Antrittsrede. Vermitteln wolle sie zwischen allen Kunstgattungen. Und doch tritt sie in große Fußstapfen. Denn die neue Leipziger Schule, also Malerei mit Weltrang, ist hier entwickelt worden. Ein Kunstbegriff, der eng mit dem Namen Neo Rauch verbunden ist. Seine Bilder werden überall auf der Welt ausgestellt. Ein internationales Markenzeichen für Leipzig und die Hochschule. Dieser Neo Rauch hat vor zwei Jahren aber auch dafür gesorgt, dass die HGB anders in die Schlagzeilen geriet. Als er seine Professur für Malerei und Grafik an der Hochschule nach nur drei Jahren aufgab, kritisierte Rauch die Entscheidung der Hochschule um seine Nachfolge. Neo Rauch wollte den belgischen Künstler Michael Borremans auf dem Posten sehen. Die Hochschule berief den Kölner Maler Heribert C. Ottersbach. Für Ana Dimke ist das Streitkapitel aber inzwischen abgeschlossen:

    "Zumal Neo Rauch auch weiterhin Honorarprofessor hier ist und sich auch nicht mehr negativ über die Hochschule äußert und auch, ein Interview kenne ich, sogar eine gewisse Zufriedenheit als Lehrer jetzt verspürt. Und Neo Rauch hat der Hochschule ein großes Geschenk gemacht, denn sein Name ist hiermit verbunden und ich denke, das wird auch weiterhin glücklich so verlaufen."

    Ihr Vorgänger Professor Joachim Brohm ist da weit weniger diplomatisch, schließlich stand er im Kreuzfeuer der Kritik. Rauch warf ihm damals Vetternwirtschaft vor. Joachim Brohm ist über Neo Rauchs Verhalten immer noch enttäuscht.

    "Solche Diskussionen nützen eigentlich niemandem. Weder Herrn Rauch noch der HGB. Ich denke, es war eine überflüssige Diskussion, weil eigentlich das Prozedere vorgegeben war, weil es aussichtsreiche Kandidaten gab, egal wie man sich dazu stellt, auf jeder Seite, und es ist natürlich klar, dass eine Hochschule autonom eine Entscheidung trifft, darüber, und ob die jetzt von jemandem von außen kommentiert werden muss, sei mal dahingestellt. Natürlich ist er in gewisser Weise der Vorgänger in dieser Stelle gewesen aber trotzdem finde ich, hätte eine gewisse Zurückhaltung gut getan."

    Vielen Studierenden der HGB gehen die Diskussionen um Neo Rauch allerdings gehörig auf die Nerven. Ihnen ist es wichtiger, dass ihre Probleme stärker gehört werden.

    "Ich wünsche mir, dass die Studenten sehr viel mehr mit einbezogen werden, sehr viel mehr bei Berufungen gefragt werden aber auch bei finanzpolitischen Entscheidungen und auch natürlich auch bei der Ausrichtung der Hochschule. Ich denke, es ist ziemlich wichtig, dass die Studenten nicht einfach nur als Kinder wahrgenommen werden, sondern als mündige Mitgestalter.

    Also ich finde es ganz gut, wenn die Schule auch mehr offen ist, für internationale Kontakte, wo ich aber inzwischen das Gefühl habe, dass vielmehr passiert in letzter Zeit also ich denke es geht sowieso in eine gute Richtung."

    In zwei Jahren feiert die Hochschule für Grafik und Buchkunst ihren 250. Geburtstag. Ein Geschenk gab es für die neue Rektorin Ana Dimke schon jetzt. Sachsens Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer versprach anlässlich Dimkes Amtseinführung, dass es auch in Zukunft keinen Stellenabbau an der HGB geben werde. Davon können andere Hochschulen in Sachsen nur träumen.