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Russland
Plechanow-Universität wirbt um Westkontakte

Um in internationalen Rankings besser abzuschneiden, müssen sich die russischen Universitäten öffnen un dausländische Partner und Studenten anziehen. Die politischen Spannungen zwischen Deutschland und Russland dürften die Zusammenarbeit in der Forschung nicht behindern, finden die Wissenschaftler.

Von Gesine Dornblüth | 26.11.2014
    Großer Empfang für westliche Journalisten in der Plechanow-Universität in Moskau. Eine Dame von der Presseabteilung führt durch den historischen Säulensaal, zeigt einen nagelneuen Lesesaal und ein hochmodernes Datenzentrum. Die Wirtschaftsuniversität wurde kürzlich mit Staatsgeldern komplett restauriert. Nun wirbt sie um westliche Partner.
    Bisher rühmt sie sich vor allem mit Absolventen in Russland sowie in Afrika und Fernost. Dmitrij Schtychno, Direktor des Forschungszentrums für strategische Entwicklung:
    "Der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Preisbildung in der Regierung Chinas hat bei uns studiert, ein Minister in Vietnam, diverse Regierungsmitglieder der Mongolei, in Nigeria der stellvertretende Direktor für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, der Bildungsminister Syriens und so weiter."
    In internationalen Rankings kommt die Plechanow-Universität auf Platz zwölf von 20 russischen Hochschulen. Gegenüber der weitaus renommierteren Higher School of Economics – gleichfalls in Moskau - versucht sie, sich als Handelsuniversität zu profilieren.
    Besuch im Seminar für Lebensmittelkunde. Zehn Studenten beugen sich über Schreibhefte. In Regalen stehen ausgestopfte Fische. Heute geht es um die Wurst und ihre Haltbarkeit. Alexander steht kurz vor dem Bachelor-Abschluss.
    "Wir werden für den Groß- und Einzelhandel ausgebildet, sind aber nicht darauf festgelegt. Da wir auch Wirtschaft und Management lernen, haben wir später eine große Berufsauswahl."
    Ein paar Türen weiter freut sich Svetlana Zolotova, Dozentin für Juwelierwaren, über die Gelegenheit, Deutsch zu sprechen. Sie steht vor Regalen mit Edelsteinen und hat bereits mit der Internationalen Gesellschaft für Warenkunde und Technologie in Deutschland zusammengearbeitet. Leider gäbe es zur Zeit keine gemeinsamen Projekte.
    "Aber wir haben viele Ideen. Zum Beispiel Fälschungen am internationalen Markt: Können wir nicht allein lösen, nur alle zusammen."
    Die gegenwärtigen politischen Spannungen zwischen Deutschland und Russland dürften die Zusammenarbeit in der Forschung nicht behindern, meint auch Ljudmila Jelisejeva, die Leiterin des Lehrstuhls für Warenkunde.
    "Wir haben so entschieden: Politik ist Politik. Wissenschaft und Bildung stehen darüber."
    Um dies zu demonstrieren, hat die Hochschule eine Videoschaltung zur Partneruniversität Konstanz organisiert. Winfried Pohlmeier, stellvertretender Rektor der Universität Konstanz, erscheint auf dem Bildschirm. Der Dekan der Plechanow-Universität erkundigt sich nach einem Baum, den er vor zehn Jahren am Bodensee gepflanzt hat. Pohlmeier lobt das Niveau der Plechanow-Studenten, die im Rahmen von Austauschprogrammen nach Konstanz kommen. Und er regt an, den Austausch von Nachwuchswissenschaftlern zu intensivieren.
    "Gemeinsame Postdoc-Konferenzen zum Beispiel wären eine Idee. Die Partnerschaften zwischen russischen und deutschen Universitäten laufen bisher immer auf Professorenebene und zwischen Studenten. Dazwischen gibt es nichts."
    Die Kooperation allerdings hat Grenzen. Denn die Wirtschafts-Universität ist vor allem für solche Studenten und Wissenschaftler attraktiv, die sich für die russische Wirtschaft interessieren. Die aber unterscheide sich von den westlichen Ökonomien, erläutert der Rektor Viktor Grischin.
    "Der Anteil der Staatsindustrie ist bei uns groß. Unser Steuersystem ist anders. Die Banken arbeiten anders. Das heißt, die Bedingungen für Business in Russland unterscheiden sich von denen in Deutschland. Und wir bilden Experten für die Arbeit mit unseren wirtschaftlichen Instituten aus."