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Schnee von morgen

Klimaforschung. - Im vergangenen Jahr haben Geoforscher und Sportwissenschaftler ein gemeinsames Projekt abgeschlossen, das die Auswirkungen des Klimawandels auf die Schneemengen einiger Wintersportregionen untersucht. Ergebnis: Langfristig wird es in den deutschen Mittelgebirgen zu warm fürs Skifahren.

Von Volker Mrasek | 27.01.2010
    Drei deutsche Mittelgebirgsregionen haben die Forscher in ihrem Projekt näher betrachtet. Zunächst einmal den Schwarzwald:

    "Also, im Südschwarzwald ist natürlich die Region um den Feldberg herum die Top-Skiregion, mit Höhenlagen zwischen 1200 und knapp 1400 Metern."

    Dann das Sauerland:

    "Das Hochsauerland reicht bis 900 Meter. Willingen und Winterberg sind die beiden Wintersportzentren. Und es ist sehr bedeutsam vor allem für den Naherholungstourismus."

    Und schließlich den Thüringer Wald:

    "Ist natürlich berühmt als Langlauf-Standort. Oberhof. Thüringer Wald ist maximal um die 1000 Meter."

    Wie schneesicher werden diese Skisport-Regionen in 20 oder in 40 Jahren sein? Wie häufig erleben sie dann noch einen so kalten und schneereichen Winter wie den jetzigen? Diesen Fragen widmeten sich die Wissenschaftler in ihrem Projekt, unter ihnen Christoph Schneider, Professor für Geographie und Klimatologie an der RWTH Aachen. Existenzgefährdend für den hiesigen Wintersport ist die fortschreitende Erwärmung, mit der auch Deutschland nach den Prognosen der heutigen Klimamodelle rechnen muss:

    "Bei der Temperatur bis 2050 zwischen ein und 1,5 Grad drauf ungefähr im Winter. Im Vergleich zum Jahr 2000."

    Doch die Temperatur allein ist nicht ausschlaggebend. Eine große Rolle spielen auch die künftigen Niederschlagsmengen. Und hier zeigen die neuesten Modellrechnungen: In den kommenden Jahrzehnten wird wahrscheinlich sogar mehr Schnee im Schwarzwald, Sauerland und Thüringer Wald fallen - zumindest in den Hochlagen:

    "Uns hat schon etwas überrascht, nämlich der Vergleich mit den Modellierungen, die wir noch vor fünf Jahren gemacht haben, wo wir solche Niederschlagseffekte nicht drin hatten. Da war nämlich der reine Temperatureffekt viel durchschlagender. Und wir haben damals viel schnellere und kräftigere Abnahmen der Schneetage gesehen. Also, eigentlich ist unsere jetzige Studie eine gute Nachricht für die Mittelgebirge. Es kommt nicht ganz so schnell so dick, wie wir noch vor fünf Jahren gedacht haben."

    Auf längere Sicht gibt es aber kein Entrinnen, wie Geograf Schneider klarstellt. Wenn die Wärme weiter die Mittelgebirgshänge hinaufkrieche, werde es in tieferen Lagen immer häufiger regnen statt schneien und Schnee, wenn er denn falle, nicht mehr so lange liegen bleiben:

    "Unsere Studie zeigt ganz klar eine Abnahme. Und die Abnahme ist im Bereich, je nach Zeithorizont, zwischen 20 und 50 Prozent der Schneetage - also bis zu einer Halbierung der Skisaison. Und für die unteren Lagen bedeutet das ganz klar das Aus."

    Schneider und seine Kollegen sind sich ziemlich sicher, dass die Zahl der Schneetage wirklich so stark dahinschmelzen wird. In ihren Modellläufen rechneten sie verschiedene Szenarien durch, darunter ein besonders trockenes und ein besonders feuchtes. Das eine mit abnehmenden Schneefällen und das andere mit stärkeren Schnee-Zuwächsen. Dabei nimmt die Zahl der Tage, an denen Wintersport möglich ist, selbst im günstigsten Fall deutlich ab. Christoph Schneider kommt hier auf die Eifel zu sprechen, wo heute bestenfalls noch an zehn Wintertagen Skisport möglich sei ...

    "Im Jahr 2040 wird vermutlich keiner dieser Lifte mehr existieren. Das Gleiche gilt für die unteren Lagen im Schwarzwald, für die unteren Lagen im Hochsauerland, sodass ich davon ausgehen würde, dass eben wirklich nur so einzelne Sportzentren wie der Feldberg im Hochschwarzwald oder der Brocken im Harz im Jahr 2040 bis 2050 noch existieren können."

    Fortschritte in der Pisten-Beschneiung könnten den betroffenen Skiregionen vielleicht eine zusätzliche Gnadenfrist verschaffen, glaubt Tobias Sauter, Mitarbeiter in der Aachener Geo-Arbeitsgruppe:

    "Die Technik verbessert sich. Vor ein paar Jahren war es erst möglich, ab minus zwei Grad, minus drei Grad zu beschneien. Heutzutage hat man Schneekanonen, da kann man schon ab plus zwei Grad beschneien."

    Doch das hilft auch nicht mehr viel, wenn Naturschnee in Zukunft zu einer unkalkulierbaren Größe wird und vielleicht schon ab Februar ganz ausbleibt. Den betroffenen Wintersport-Regionen empfehlen die Aachener Forscher deshalb, sich umzuorientieren und Touristen mit anderen Angeboten zu locken wie etwa Schneeschuhwanderungen oder Nordic Walking. Denn dazu braucht es nicht unbedingt Tiefschnee.