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Schotter oder Feste Fahrbahn?

Technik. - Holzschwellen sind bei der Deutschen Bahn ein Auslaufmodell. Betonschwellen sind Standard. Auch der Schotter wurde auf Neubaustrecken durch eine Betonplatte, die so genannte "Feste Fahrbahn" ersetzt, um bei hohen Geschwindigkeiten den Verschleiß und damit die Kosten zu mindern. Allerdings ist noch nicht klar, ob dieses Ziel auch immer erreicht werden kann.

Von Cajo Kutzbach | 09.02.2004
    Wenn man auf einem glatten Tisch ein Gleisoval aufbaut und eine Modellbahn fahren lässt, dann kann es sein, dass das Oval anfängt zu rutschen, wenn der Zug schnell genug fährt. Ganz ähnlich treten bei der Bahn, je schneller sie fährt, immer höhere Belastungen für Räder und Gleise auf. Aber schnell fahren will sie, um Kunden zu gewinnen. Deshalb wurden Neubaustrecken auf Beton verlegt. Denn Schotter kommt bei hohen Geschwindigkeiten an Grenzen. Professor Gerd Gudehus vom Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik der Universität Karlsruhe:

    In Japan hat man ein Bahnsystem entwickelt für eine Geschwindigkeit von 250 km. Es wurde gebaut Anfang der 60er. Und es zeigte sich sehr bald, dass der Gleisoberbau, so nennt man den Gleisrost aus Schienen und Schwellen und den Schotter darunter, einsackte. Jede Nacht musste gearbeitet werden, um wieder zu reparieren. Dazu hat die Bahn in Japan - damals staatlich - 100 000 Arbeiter eingestellt. Die haben Nacht für Nacht gearbeitet und haben es nicht geschafft. Die Geschwindigkeit musste auf 200 reduziert werden für eine ganze Weile.

    Um solche Probleme zu vermeiden, ordnete der frühere Bahnchef Dürr für neue Schnellfahrstrecken statt Schotter die "Feste Fahrbahn" an. Das ist eine Betonplatte auf der Schwellen und Gleise verlegt werden. Sie soll den Gleisen bei hohen Geschwindigkeiten einen festen Halt geben und Reparaturen sparen. Der Nachteil: Sie ist wesentlich teuer! Gerhard Huber vom selben Institut:

    Sie brauchen im Prinzip ein durchlaufendes Band, wenn man so will. Und die Anforderungen, die an die Minimierung der Setzungen, an die Gleichmäßigkeit der Setzungen gefordert sind, sind um ein Vielfaches höher, als die Anforderungen für einen Schotteroberbau, weil einfach eine nachträgliche Korrektur praktisch nicht möglich ist.

    Neben den höheren Herstellungskosten gibt es weitere Mankos: Einerseits weiß niemand, wie lange eine feste Fahrbahn hält, andererseits erzeugt sie mehr Lärm für die Anwohner. Das ist ein Grund dem traditionellen Schotterbett eine neue Chance einzuräumen.

    Es gibt ja auch Strecken mit Schotteroberbau, die werden mit 350 Sundenkilometern, zwar nicht im Routinebetrieb, aber immerhin zu Testzwecken problemlos befahren. Und Regelgeschwindigkeiten von 280 sind durchaus auf Schotteroberbau jedenfalls in Deutschland und Frankreich möglich. Es kommt aber immer auf das Wechselspiel mit dem darunter liegenden Boden an, ob diese Geschwindigkeiten gefahren werden können.

    Der Untergrund spielt also eine entscheidende Rolle. Ist die geklärt, weiß man ob Schotter genügt oder eine Feste Fahrbahn auf dem vorhandenen Untergrund besser ist. Denn das Karlsruher Institut hat in den vergangenen Jahren auch heraus gefunden, was damals in Japan passierte - nämlich, dass unter bestimmten Umständen der Schotter tatsächlich zerbröselt und durch das Steinmehl weiße Stellen entstehen.

    Dadurch dass es jetzt besser verstanden ist und neue technische Möglichkeiten entwickelt wurden, darf man sagen: es wird nicht mehr lange dauern und es wird im Bereich der DB keine weißen Stellen mehr geben.