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Soldat und "falscher Flüchtling"
Vorwürfe gegen Asylprüfer und Bundeswehr

Die Geschichte klingt kurios: Ein Soldat der Bundeswehr hat sich als Flüchtling getarnt und wollte möglicherweise einen Anschlag begehen - aus fremdenfeindlichen Motiven. Welche Konsequenzen sollen aus dem Fall gezogen werden? Politiker fordern eine stärkere Kontrolle von Asylbescheiden - und der rechten Szene.

28.04.2017
    Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte aufgrund der Ereignisse die Überprüfung von Asylbescheiden. Der Fall sei ein makabrer Beleg dafür, dass zeitweise Asylbewerber "ohne ernsthafte Überprüfung ihrer Identität anerkannt wurden", sagte er der "Welt".
    Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster schloss sich an - eine Neubetrachtung unter dem Gefahrenaspekt sei sicher nötig, sagte er im Deutschlandfunk. Zusätzlich forderte er, bei Anhörungen im Bundesamt für Migration grundsätzlich Verfassungsschützer und Bundespolizisten hinzuzuziehen. Dies sei keine pauschale Vorverurteilung von Asylbewerbern, sondern ein plausibler Sicherheitsfilter. Informationen über ein Netzwerk innerhalb der Bundeswehr gebe es nicht, betonte Schuster.
    Mihalic (Grüne): Anschläge geplant, um sie Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben?
    Ob ein solches Netzwerk existiert, muss nach Meinung der innenpolitischen Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, aufgeklärt werden. Das Vorgehen des Bundeswehr-Soldaten rieche streng nach einer Strategie, an der auch weitere beteiligt gewesen sein könnten, sagte Mihalic der "Mitteldeutschen Zeitung". Sie forderte: "Es muss dringend geklärt werden, ob in der rechten Szene gezielt Anschläge geplant werden, um sie Geflüchteten in die Schuhe zu schieben."
    Ihr Parteikollege Omid Nouripour sagte im ZDF-Fernsehen, es sei merkwürdig, dass das Doppelleben bei der Bundeswehr nicht auffalle. Es sei umso bedenklicher, dass sich jemand ohne Arabischkenntnisse hinstellen und sagen könne "Ich bin Syrer" und alle würden nicken. Es scheine so, als hätten viele versagt, erklärte Nouripour.
    Am Donnerstag war der Oberleutnant bei einem Lehrgang in Hammelburg in Bayern festgenommen worden. Stationiert war er im französischen Illkirch. Er war den Behörden Ende Januar aufgefallen, weil er am Flughafen Wien-Schwechat eine geladene Pistole auf einer Toilette deponiert hat. Beim Versuch, die Waffe wieder an sich zu nehmen, nahm ihn die österreichische Polizei vorübergehend fest.
    Soldat hatte sich 2015 als syrischer Flüchtling registriert
    Laut den Ermittlern hatte der Soldat aus Offenbach sich Ende 2015 in einer hessischen Erstaufnahmeeinrichtung als syrischer Flüchtling ausgegeben - ohne arabisch zu sprechen. 2016 habe der Mann im bayerischen Zirndorf einen Asylantrag gestellt und daraufhin mit seiner falschen Identität finanzielle Leistungen bezogen.
    Die Ermittler gehen davon aus, dass der Verdächtige mit der Schusswaffe "eine schwere staatsgefährdende Straftat im Sinne eines Anschlags" geplant hatte. Eine Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft sagte: "Mir ist sowas ähnliches nicht bekannt. Ich denke, das ist auch eine sehr außergewöhnliche Geschichte."
    Zweiter Mann aus Offenbach festgenommen
    Ein 24-jähriger Student aus Offenbach wurde ebenfalls festgenommen. Er soll mit dem Hauptverdächtigen per Handy über mögliche Anschlagspläne gesprochen haben. In seiner Wohnung fanden die Ermittler unter anderem Gegenstände, die unter das Waffen- und Sprengstoffgesetz fallen.
    Der beschuldigte Soldat schweigt zu den Vorwürfen. Nach Auskunft der Frankfurter Staatsanwaltschaft hat der 28-Jährige beim Haftrichter keinerlei Angaben gemacht. Der zweite festgenommene Mann hat laut Staatsanwaltschaft Angaben zu der Munition gemacht, die bei ihm gefunden worden war. Er habe die Patronen von dem Bundeswehrsoldaten erhalten.
    (vic/hba)

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