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Stiefkind der WM

Von den 64 Partien der Fußball-Weltmeisterschaft ist es das ungeliebte - das Spiel um Platz drei. Das "kleine Finale" war immer umstritten, einige Funktionäre dachten auch schon laut über die Abschaffung nach.

Von Heinz Peter Kreuzer | 10.07.2010
    Bei Europameisterschaften beispielsweise wurde es bei der EM 1980 in Italien zum letzten Mal ausgetragen. Das Interesse der Zuschauer ist ebenfalls nicht besonders ausgeprägt: Bei der WM in Südafrika sind für die Begegnung Deutschland gegen Uruguay im 45 000 Zuschauer fassenden Nelson-Mandela-Bay-Stadion noch Tickets zu haben. Auch bei den Spielern ist das Interesse nicht sonderlich groß. Im ersten Frust nach dem verlorenen Halbfinale gegen Spanien hatte Kapitän Philipp Lahm noch erklärt, er habe keine Lust auf das "kleine Finale". Einen Tag später hörte sich das so an:

    "Wir haben vor vier Jahren gesehen, wie schön ein Spiel um Platz drei sein kann. 2006 war für uns ein sehr schönes Erlebnis. Vor allem, wenn man dieses Spiel auch gewinnt."

    Für Deutschlands Nationalkicker war der dritte Platz vor heimischem Publikum die Ausnahme. Da feierten Jürgen Klinsmann und sein Team in Stuttgart ein rauschendes Abschlussfest vor 52.000 Zuschauern. Beim 3:1-Erfolg über Portugal war Bastian Schweinsteiger mit zwei Toren der Matchwinner.

    Zur Belohnung für ihr störungsfreies Reservistendasein durften Oliver Kahn, Marcell Jansen und Jens Nowotny ihre WM-Premiere feiern, im Laufe der Partie wurden noch Mike Hanke und Thomas Hitzlsperger eingewechselt. Das Auflaufen der Reservisten ist mittlerweile Tradition geworden, schon 1970 ließ der damalige Bundestrainer Helmut Schön im "kleinen Finale" gegen Uruguay Ersatztorhüter Horst Wolter spielen.

    Der Stellenwert des Spiels um Platz drei ist auch an der Prämienregelung des Deutschen Fußball-Bundes abzulesen. Geld gibt es für Halbfinal- oder Endspielteilnahme sowie den Weltmeistertitel. Für den dritten Platz ist keine Extraprämie ausgelobt worden. Dabei ist Deutschland die Nation mit den meisten Teilnahmen am Spiel um die "Goldene Ananas". In Südafrika spielt eine deutsche Auswahl zum fünften Mal um Platz drei. Die Bilanz ist mit drei Siegen positiv: 1934 gewann Deutschland gegen Österreich, 1970 gegen Uruguay und 2006 gegen Portugal. Nur 1958 verlor Sepp Herbergers Elf gegen Frankreich. Uruguay dagegen hat zwei Mal verloren, 1954 gegen Österreich und 1970 gegen Deutschland.