Dienstag, 16. April 2024

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Studie "Sachsen-Monitor"
Sachsen hat ein Rassismus-Problem

Der Freistaat Sachsen hat erstmals eine Studie zu politischen Einstellungen seiner Bürger in Auftrag gegeben. Demnach glaubt mehr als die Hälfte, dass Deutschland in gefährlichem Maß überfremdet ist - für das eigene Wohnumfeld sagen das allerdings nur 17 Prozent. Jeder Fünfte ist zudem der Meinung, Deutsche seien anderen Völkern von Natur aus überlegen.

22.11.2016
    Etwa 1000 Menschen protestieren am Abend des 21.08.2015 in Heidenau (Sachsen) gegen die Unterbringung von Asylbewerbern im ehemaligen Baumarkt «Praktiker». In dem seit 2013 leerstehenden Baumarkt in einem Gewerbegebiet sollen in der Nacht zum Samstag etwa 250 Neuankömmlinge untergebracht werden.
    Im sächsischen Heidenau gab es wegen des Streits um eine Flüchtlingsunterkunft im August 2015 handfeste Auseinandersetzungen (picture alliance / dpa / Marko Förster)
    Das Meinungsforschungsinstitut Dimap fragte im Auftrag der sächsischen Staatskanzlei die Haltung zur Demokratie, extremistische Einstellungen und Einstellungen zu Medien und Europa ab. Hierzu wurden insgesamt 1.013 sächsische Bürger interviewt. Künftig soll der "Sachsen-Monitor" jährlich erstellt werden.
    Sachsen scheint gespalten
    62 Prozent der Befragten vertraten die Meinung, dass Deutschland eine "starke Partei" brauche, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpere. Zugleich meinten aber 85 Prozent auch, dass eine lebensfähige Demokratie ohne politische Opposition nicht denkbar wäre.
    Darüber hinaus glaubten 69 Prozent der Befragten nicht, dass die in Deutschland lebenden Muslime "unsere Werte" akzeptierten. 39 Prozent plädierten dafür, Muslimen die Zuwanderung zu untersagen. Mehr als die Hälfte gaben an, ein Problem damit zu haben, wenn sich Sinti und Roma in ihrer Wohnumgebung aufhalten würden. 18 Prozent der Sachsen glauben, dass Deutsche "anderen Völkern von Natur aus überlegen" sind.
    Deutschland wird als überfremdet wahrgenommen, die eigene Umgebung nicht
    58 Prozent der Sachsen sind der Meinung, dass Deutschland in einem gefährlichen Maß "überfremdet" sei - allerdings sind nur 17 Prozent der Auffassung, die persönliche Wohnumgebung sei in einem gefährlichen Maße überfremdet. Das ist laut Studie ein Indiz, dass der geringe Ausländeranteil in Sachsen wahrgenommen wird.
    Jugend mit besorgniserregenden Haltungen
    Die 18- bis 29-Jährigen seien dem Nationalsozialismus gegenüber unkritischer eingestellt und schätzten ein Engagement zum Schutz der Demokratie als weniger wichtig ein. Zudem teilen sie in hohem Maße etliche Ressentiments. Gleichzeitig sei in dieser Altersgruppe auch die Ablehnung menschenfeindlicher Einschätzungen überproportional ausgeprägt.
    Die Befragten mit einem geringen Maß an gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit machen laut Dimap 55 Prozent der sächsischen Bevölkerung aus. 14 Prozent stimmten in hohem Maße den mit Ressentiments behafteten Aussagen zu.
    Sonntagsfrage in Sachsen: 25 Prozent würden AfD wählen
    Zudem erschien heute eine repräsentative Befragung von Infratest dimap im Auftrag des MDR, derzufolge ein Viertel aller Wähler in Sachsen die AfD wählen würde. Die AfD legt um 15,3 Prozentpunkte auf 25 Prozent zu. Eine schwarz-rote Landesregierung in Sachsen hätte derzeit keine Mehrheit. Die CDU kommt demnach auf 34 Prozent, die SPD auf 12 Prozent. Bei der Landtagswahl 2014 hatten beiden Parteien zusammen noch knapp 52 Prozent der Stimmen bekommen.
    (vic/tgs)