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Trumps Kehrtwenden
Heute so, morgen so

Mit der Erkenntnis, die Nato sei "nicht mehr obsolet", hat Donald Trump einmal mehr die Öffentlichkeit überrascht. Schließlich dachte er vor kurzem noch ganz anders. Agiert er nach dem Motto: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?"

13.04.2017
    US-Präsident Trump am 24. März bei einer Feier zum griechischen Unabhängigkeitstag im Weißen Haus. Er kneift die Lippen zusammen.
    Bleibt nicht nicht immer bei seinen Standpunkten: US-Präsident Donald Trump (AFP / Mandel Ngain)
    Nach einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat US-Präsident Donald Trump seine Fundamentalkritik an der Nato revidiert. "Ich habe gesagt, dass sie obsolet war. Sie ist nicht mehr obsolet", sagte Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Stoltenberg in Washington. Damit nicht genug: Die Allianz ist laut seiner Einschätzung nun sogar ein "Bollwerk des internationalen Friedens und der Sicherheit".
    Kurz vor Trumps Amtsantritt hörte sich das noch ganz anders an. Seine Äußerungen, wonach sich die Nato im Grunde überlebt habe, hatten damals im Kreis der Verbündeten erhebliche Irritationen und Befürchtungen hinsichtlich der Bündnistreue der Amerikaner ausgelöst.
    China manipuliert doch nicht die Währung
    Doch auch in anderen wichtigen politischen Fragen haben sich die Realitäten in den Augen des US-Präsidenten erstaunlich schnell verändert. So will Trump China keine Währungsmanipulation mehr vorwerfen. "Sie sind keine Währungsmanipulatoren", sagte er in einem in dieser Woche veröffentlichten Interview des "Wall Street Journal". China habe schließlich seit Monaten nichts dergleichen unternommen. Davor hatte der Präsident Peking wiederholt beschuldigt, den Yuan zu manipulieren, um so die chinesische Wirtschaft auf unfaire Weise im internationalen Wettbewerb zu stützen.
    Im Gespräch mit dem "Wall Street Journal" sagte Trump weiter, er sei offen dafür, der Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, eine zweite Amtszeit zu ermöglichen. Im Wahlkampf hatte er sich noch kritisch über das Agieren der Fed geäußert und erklärt, Yellen müsse sich für ihre Geldpolitik "schämen".
    Putin "kenne ich nicht"
    Im Verhältnis zu einer anderen Figur auf dem internationalen Parkett zeigt sich der Präsident dagegen plötzlich äußerst distanziert: Den russischen Präsidenten Wladimir Putin "kenne ich nicht", betonte er in seiner jüngsten Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Die Beziehungen zu Russland sieht er in einem "Allzeittief". Während seiner Wahlkampagne hatte Trump Putin in höchsten Tönen gelobt und noch vor Wochen schien es, als strebe er eine historische Annäherung mit Moskau an.
    Einen Dämpfer erhielten derartige Überlegungen wohl durch die zuletzt wieder zunehmenden Spannungen zwischen beiden Ländern im Syrien-Konflikt. Auch hier vollzog Trump einen überraschenden Kurswechsel. Eigentlich hatte er angekündigt, die Rolle der USA als Weltpolizist zu beenden und sich stattdessen ganz auf die Probleme im eigenen Land zu konzentrieren. Dann griff er nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in der Provinz Idlib plötzlich doch mit Raketen eine syrische Luftwaffenbasis an.
    Spannend bleibt die Frage, ob die Halbwertszeit von Trumps Äußerungen wirklich länger geworden ist - oder ob auch seine Kehrtwenden irgendwann obsolet sind.
    (gri/am/fwa)