Sonntag, 12. Mai 2024

Umfrage zu Flüchtlingen im DLF
"Die rausgehen, das sind für mich alles irgendwie Feiglinge"

Der Deutschlandfunk sendet eine Umfrage unter DDR-Bürgern auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz zur Fluchtwelle.

08.09.2014
    Berlin erlebt am 4. November 1989 die größte Demonstration für eine andere DDR. Eine halbe bis eine Million Demonstranten ziehen durch die Innenstadt, vorbei am Palast der Republik mit dem Sitz der Volkskammer und am Staatsratsgebäude zu einer Abschlusskundgebung auf dem Alexanderplatz. "Wende", "Wer ewig schluckt stirbt von Innen" oder "Krenzmann" steht auf Transparenten der Demonstranten.
    Demo für eine andere DDR auf dem Alexanderplatz im November 1989 (picture alliance / ZB / Thomas Lehmann)
    Frau: "Ich kann die Leute verstehen, wenn sie rübermachen, weil: Es ist wirklich sinnlos hier. Eine Ausreise, da wartet man zwei, drei Jahre oder was, und die sehen eben drüben eine Chance."

    Zweite Frau: "Ich glaube nicht, dass ich rübermachen würde. Es sind so viele, die rübermachen, die Russen machen rüber, die Polen, alle - was wollt denn ihr mit den ganzen Leuten da drüben? Ihr schiebt sie doch auch bloß ab."

    Mann: "Die rausgehen, das sind für mich alles irgendwie Feiglinge. Weil sie sich irgendwie der Verantwortung - kann man vielleicht nicht sagen, aber so in der Art - entziehen."

    Mädchen: "Meine Tante, die hat mir geschrieben: 'Das werden immer mehr hier.‘ Und wo wollt denn ihr mit uns hin, wenn du es so nimmst, da drüben? Also, ich weiß nicht, was mich dort erwartet. Bloß - zurück kannst du nicht wieder."

    Zweiter Mann: "Ich finde das beschissen, wenn die Menschen aus diesem Staat wegrennen, aus der Deutschen Demokratischen Republik. Ich will, dass sie lieber hier bleiben und den Staat verändern."

    Zweites Mädchen: "Also, wenn ich die Möglichkeit hätte - ich würde auch abhauen. Auf jeden Fall. Na, also ich würde auch mal lieber, gerne, weiß der Geier, nach Italien fahren oder so, ohne jetzt, was weiß ich, total ausreisen zu müssen. Und überhaupt: Das ist alles total bekloppt hier."

    Zweiter Mann: "Lieber Reisefreiheit als Massenflucht."