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Warten auf die afrikanische Schweinepest

Entgegen ihrem Namen kommt die afrikanische Schweinepest auch auf anderen Kontinenten vor. Zurzeit ist eine besonders aggressive Variante in Russland auf dem Vormarsch. Die Seuche befällt auch Wildschweine und kann sich deshalb praktisch unkontrolliert ausbreiten. Am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems stellen sich Tierärzte auf den Ernstfall ein.

Von Marieke Degen | 07.02.2012
    Ein Video aus dem Hochsicherheitsstall am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems. Man sieht die Tierärztin Sandra Blome, sie trägt einen blauen Schutzanzug und hat einen Wasserschlauch in der Hand. Vor ihr drei Wildschweine: ein stattlicher Keiler und zwei Bachen.

    "Wir wussten auch, dass sie zum Beispiel das Baden sehr lieben, wir haben versucht, das mit in den Stall zu nehmen, haben dann halt mit dem Wasserschlauch morgens sozusagen eine Suhle veranstaltet, so dass die Tiere sich teilweise wie Hunde auf den Rücken geschmissen haben und sich diesem Wasserstrahl genähert haben."

    Ein paar Tage später standen die Wildschweine nur noch apathisch in der Ecke. Sie wollten sich nicht mehr suhlen, und sie wollten auch nichts mehr fressen. Selbst Äpfel und Nüsse haben sie liegen gelassen. Die Wildschweine waren krank. Sie hatten die afrikanische Schweinepest.

    "Nach drei Tagen hatte selbst der Keiler über 41 Grad Fieber, und war eigentlich durch nichts mehr anzusprechen. Er hatte auch keine Lust mehr anzugreifen, wenn man ihm zu nahe kam."

    Nach zehn Tagen waren die Wildschweine tot. So grausam der Tierversuch auf den ersten Blick erscheinen mag: Die Forscher müssen wissen, womit sie es zu tun haben. Welche Symptome auftreten können, welche Symptome zum Beispiel Jäger im Wald beobachten würden. Nur dann können sie die afrikanische Schweinepest im Ernstfall erkennen und andere Schweine schützen. In Deutschland ist sie noch nicht aufgetreten, aber:

    "Diese Seuche steht vor der Tür, und sie ist nicht mehr so exotisch, wie wir das gerne hätten."

    Vor ein paar Jahren ist die afrikanische Schweinepest in Georgien aufgetaucht. Wahrscheinlich wurde sie auf einem Schiff eingeschleppt. Seit 2007 wütet die Seuche in Russland. Und sie breitet sich immer weiter in Richtung Norden aus. Das Virus befällt Wildschweine und Hausschweine, die Tiere stecken sich gegenseitig an. Das Virus kann aber auch über verseuchte Essensreste verschleppt werden, oder über verseuchte Fahrzeuge. Es gab sogar schon Fälle in St. Petersburg und Murmansk. Und ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Seuche auch nach Deutschland kommt.

    "Wir haben vor Ort das Problem, dass wir vor allem Angst haben, dass es in die Wildschweinepopulation eingetragen wird, weil wir einfach eine sehr hohe Wildschwein-Dichte besitzen, und aufgrund der Tatsache, dass man diese Erkrankung weder behandeln kann noch ein Impfstoff dagegen besteht, wir eigentlich nicht wüssten, wie man das unter Kontrolle bekommt."

    Die Folgen wären verheerend: Unzählige Wildschweine würden qualvoll sterben. Außerdem könnten sie Hausschweine auf Bauernhöfen anstecken. Für die Bauern und ihre Tiere wäre das eine Katastrophe.

    "Das ist eine anzeigepflichtige Tierseuche, so dass die Bekämpfungsmaßnahmen gesetzlich geregelt sind. Da sind sehr strikte Maßnahmen gefordert, die einerseits in der Quarantäne der betroffenen Betriebe mündet, aber auch im Töten betroffener und Kontakttiere, da wir das Virus im Prinzip dann unter Kontrolle bringen müssten, indem wir es stoppen in der Verbreitung."

    Im Ernstfall müssen die Amtstierärzte das Virus zuverlässig in einer Blutprobe oder Organprobe nachweisen. Das können sie auch – das hat Sandra Blome getestet. Sie hat den Amtstierärzten Proben zugeschickt und überprüft, ob sie das Virus finden. Viel mehr können sie für die Schweine nicht tun. Einen Impfstoff gegen die afrikanische Schweinepest gibt es nicht – obwohl Forscher in ganz Europa daran arbeiten. Das Virus ist gerissen, es kann das Immunsystem austricksen.

    "Es gibt inzwischen hauptsächlich gentechnisch veränderte Viren, die sich eventuell als Impfstoff eignen, aber ein echter Impfstoff, der auf dem Markt verfügbar ist, ist momentan noch Zukunftsmusik."

    In den nächsten fünf Jahren werde es jedenfalls keinen Impfstoff geben, sagt Sandra Blome. Aber vielleicht die ersten Fälle von afrikanischer Schweinepest in Deutschland.