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Wenn die Studiengebühren kommen

Dass Studiengebühren kommen, ist beschlossene Sache. Wann und in welcher Höhe, darüber herrscht jedoch Unklarheit. An bayerischen Hochschulen soll es voraussichtlich ab Sommersemester 2007 soweit sein. Wahrscheinlich 500 Euro pro Halbjahr müssen die Studierenden dann aufbringen. Einige Banken haben ihre Chance erkannt und Kreditprogramme speziell für Studierende aufgelegt.

Von Sabine Fliehr | 01.07.2005
    " Ich kann es mir nicht leisten. Wenn, dann müssten es meine Eltern zahlen. Kein gutes Gefühl, ich liege meinen Eltern auf der Tasche.

    Dann muss ich vielleicht mein Studium abbrechen, wenn es so weiter geht. Ich kann es mir nicht leisten. Drei bis vier Tage arbeite ich in der Woche und nebenbei habe ich auch ein Kind."

    Weder der Zeitpunkt der Einführung noch die Höhe der Studiengebühren sind sicher. Dennoch stehen einige Geldinstitute schon in den Startlöchern den Studierenden unter die Arme zu greifen: mit Krediten - natürlich zu gewissen Konditionen. Zum Beispiel die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken. Egal, ob jemand Philosophie oder Betriebswirtschaft studiert - er oder sie kann bei der Bank einen Antrag stellen. Bedingung: Die Studierenden sollten der Geldinstitut bekannt sein. 15.000 Euro gibt es maximal pro Person, und zwar schon ab diesem Herbst, sagt der Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern, Stephan Götzl:

    " Wir wollen bewusst keine Vollfinanzierung des Studiums machen, sondern nur einen Teilbetrag finanzieren. Bis zu 250 Euro Auszahlung im Monat kann der Student bekommen. Das geht bis zu fünf Jahren. Danach ist es ein Jahr tilgungsfrei und danach kann er sich entscheiden, in welcher Geschwindigkeit, ob er das mit 200 oder 300 Euro pro Monat zurückzahlt. Die Zinsen sind unterschiedlich, unter fünf Prozent, im Schnitt liegen wir zwischen 3,5 und fünf Prozent."

    Dabei denken die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken langfristig: Wenn die Absolventen später gute Jobs haben, bleiben sie sicher als zahlungskräftige Kunden bei "ihrem" Geldinstitut, so Stephan Götzl. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz KfW, versucht ab Herbst mit zinsgünstigen Studentenkrediten ein neues Geschäftsfeld aufzutun. Das Darlehen ist jedoch mit 5 bis 5,5 Prozent teurer als das von den Volks- und Raiffeisenbanken. Dafür haben die Studierenden mit einem Höchstbetrag von 650 Euro mehr Geld im Monat zur Verfügung. Außerdem hat die Deutsche Bank bald Studentenkredite im Angebot, allerdings zum beträchtlichen Zinssatz von sechs bis zehn Prozent. Auch wenn alle Geldinstitute mit einer flexiblen Rückzahlung werben - sie kann bis zu 25 Jahre lang laufen -, den Studierenden behagt das Ganze nicht.

    " Dass sich jetzt die Banken schon geschäftstüchtig die Hände reiben, find eich nicht in Ordnung. Wenn, dann sollte das über einen zinsfreien Bildungskredit vom Staat geben.

    Das finde ich Scheiße. Da habe ich kein Vertrauen in die Banken. Einen Kredit aufnehmen und danach auf Arbeitssuche gehen, wäre persönlich überhaupt nichts für mich. Dann fängt man im Beruf an und darf noch ewig abzahlen. "

    So ganz zu Ende gedacht scheinen die Angebote der Banken ohnehin nicht zu sein. Sogar der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel - ein Verfechter der Studiengebühren und Studentenkredite - gibt zu: Möglicherweise bleiben die Banken am Ende nicht bei den versprochenen günstigen Zinsen. Vor allem nicht bei Studierenden, die aus dem Ausland kommen, etwa aus Osteuropa, so Goppel:

    " Wenn Ausländer in Bayern studieren wollen, die aus unseren schwierigen EU-Ländern kommen, haben die einen Anspruch genau wie unsere eigenen Landsleute auf einen Kredit. Das hat der europäische Gerichtshof inzwischen festgestellt, und das heißt, dass da die Banken Sicherheitskonditionen konstruieren dürfen und müssen, die den übrigen Kunden nicht schaden, und dann wird es nicht mehr ganz so preiswert in diesen Zonen."

    Das Studentenwerk München nähert sich dem Thema Studiengebühren derzeit mit kleineren Artikeln in seiner kostenlosen Zeitschrift. Solange sich die bayerische Staatsregierung aber nicht klar geäußert hat, kann das Studentenwerk auch nicht seinem Auftrag nachkommen, die Studierenden klar zu informieren, bedauert Pressesprecherin Anke van Kempen.

    " Wir wissen noch nicht einmal genau, wann Studiengebühren eingeführt werden, in welcher Höhe, ob es Unterschiede geben wird zwischen den einzelnen Hochschularten, ob es Unterschiede geben wird zwischen einzelnen Studiengängen, und solange wir all das nicht wissen, können wir einen Studenten auch nicht ernsthaft beraten. Wenn das soweit sein sollte, werden wir das natürlich weitgehend versuchen im Rahmen unserer Bafög Beratung, zumal ja auch noch nicht geklärt ist, inwiefern das mit dem Bafög verknüpft werden wird oder auch nicht."

    Das Studentenwerk will auch erst dann genauer über die Kreditangebote der Banken informieren, wenn Beginn und Höhe der Studiengebühren beschlossen sind.