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Wiedersehen mit der legendären Sammlung Torlonia

Ein wertvolle italienische Privatsammlung soll nun endlich ins Museum kommen. Es handelt sich dabei um eine der größten Kollektionen antiker Skulpturen weltweit, die Sammlung Torlonia.

Von Thomas Migge | 24.09.2004
    Unsere Stiftung gibt ihr Geld für sinnvolle Kulturprojekte aus und so war es nur selbstverständlich, dass wir uns zur Lösung dieses immensen Problems zur Verfügung stellen. Immerhin geht es hier um eine Kunstsammlung, die zu den schönsten, umfangreichsten und einmaligsten der Welt gehört. Und dann haben wir diese unheilbare Schwäche für Kultur.

    Und darüber hinaus die nötigen Finanzmittel - aber über Zahlen und Geld spricht Bruno Piatelli nicht. Das braucht er auch nicht. Das Vorstandsmitglied der Stiftung der römischen Sparkasse hat genug davon. So viel, dass seine Stiftung den Löwenanteil jener Geldsumme zur Verfügung stellen wird, die dem mit Abstand absurdesten Kulturskandal Roms ein Ende machen wird.

    Es gab schon einen Versuch, viele Versuche, dieses Problem zu lösen und diese größte private Sammlung antiker Skulpturen der römischen Antike endlich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber erst jetzt ist es soweit.

    Es geht um die Collezione Torlonia: 620 Meisterwerke der römischen Antike. Darunter Sarkophage, Skulpturen und Büsten. Darunter 20 Herkules- und 30 Venusdarstellungen sowie über 100 Büsten römischer Cäsaren und ihrer Familienangehörigen. Es handelt sich um die, darin sind sich Kunstexperten aus aller Welt einig, kostbarste Privatsammlung antiker Marmorbildnisse. Eine Sammlung, die in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts in den Kellergewölben des römischen Palazzo Torlonia verschwand. Auf Nimmerwiedersehen. Obwohl sich seit damals Fachleute, Kulturminister, ja sogar die UNESCO dafür einsetzten, dass die unschätzbaren Kunstwerke endlich wieder an einem geeigneten Ort ausgestellt werden, ließen sich die Fürsten Torlonia, die Besitzer, nicht dazu bewegen. Scheinbar wurde ihnen nie genügend Geld für ihre Sammlung geboten, vermutet Adriano La Regina, Roms oberster Kulturhüter:

    Die Oberflächen dieser Skulpturen müssen dringend gereinigt werden. Stellen Sie sich vor: die stehen, nur von Plastikhüllen bedeckt, in einem relativ feuchten Keller. Jedes Museum der Welt würde sich um nur eines dieser Meisterwerke reissen. Aber da war bisher nichts zu machen. Die gammeln vor sich hin und niemand hat eine Ahnung davon, wie stark ihre Beschädigungen sind. So eine Unterbringung macht jeder Form von Marmor zu schaffen.

    1810 begann Giovanni Torlonia mit seiner Sammlung. Er kaufte andere Sammlungen auf und ordnete systematische Grabungen auf seinen Ländereien an, bei denen einige der schönsten Skulpturen der römischen Antike gefunden wurden. Ab 1883 befanden sich die Kunstwerke im Palazzo Torlonia im römischen Stadtteil Trastevere. Es war ein absolutes Muss für gebildete Romreisende, dieser Sammlung einen Besuch abzustatten. Neben dem Petersdom, neben den kapitolischen und vatikanischen Museen war die Skulpturenkollektion eines der wichtigsten Highlights der italienischen Hauptstadt. Bis die Familie Torlonia sich dazu entschied, ihren Palast umzubauen. Aus den großen Ausstellungssälen wurden 93 Miniappartments. Die Skulpturen verschwanden im Keller. Ein Aufschrei der Empörung ging durch die Welt. Kunstexperten und Kulturpolitiker versuchten die Entscheidung der Torlonia rückgängig zu machen. Aber vergeblich. 1979 wurde die Enteignung der Sammlung diskutiert - und verworfen. Seitdem versuchten Italiens Kulturminister immer wieder die Torlonia zum Verkauf zu bewegen. 2003 erwog Medienzar und Regierungschef Silvio Berlusconi die Kollektion auf eigene Kosten zu erwerben - von 250 Millionen Euro war die Rede - und dem Staat zu schenken. Auch dazu ließen sich die Fürsten nicht bewegen. Erst die vorsichtige Intervention von Kulturminister Giuliano Urbani, Roms Bürgermeister Walter Veltroni und der Sparkasse Rom konnte das Problem lösen. Adriano La Regina:

    Endlich bewegt sich etwas. Endlich sind die Torlonia zum Einlenken bereit, scheinen sie begriffen zu haben, dass sie zum Buhmann von Kunstfreunden in aller Welt geworden sind. Die 620 Skulpturen werden, geht es nach unserem Kulturminister, in nächster Zukunft ausgestellt werden. Wenn diese Kunstwerke endlich aus dem Keller befreit werden, können wir durchatmen.

    Entschieden wurde, dass die Sammlung Torlonia im historischen Zentrum Roms in einem barocken Palast ausgestellt wird, dem Palazzo Sciarra - und zwar kostenlos. Ihr hoher künstlerischer Wert und die Tatsache, dass sie über 40 Jahre lang verschwunden waren, so ließ Kulturminister Urbani wissen, habe zu der Entscheidung geführt, sie gratis und zu Öffnungszeiten zu zeigen, die von morgens bis spät abends reichen werden - denn der Minister rechnet damit, dass die legendäre Sammlung zehntausende von Menschen anziehen wird.