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Zu teurer Durstlöscher

Vor zehn Jahren wurden die Berliner Wasserbetriebe zur Hälfte privatisiert. Seitdem hielt sich der Verdacht, dass die Investoren, RWE und Veolia, zu viel kassierten, um auf garantierte Gewinne zu kommen. Unter dem Druck eines drohenden Volksbegehrens hat der Berliner Senat die umstrittenen Privatisierungsverträge nun veröffentlicht, dennoch soll es beim Volksbegehren bleiben.

Philip Banse im Gespräch mit Theo Geers | 11.11.2010
    Theo Geers: Die Wasserverträge sind veröffentlicht. Dennoch soll nach dem erfolgreichen Volksbegehren nun per Volksentscheid ein Gesetz zur Veröffentlichung der Wasserverträge beschlossen werden - warum?

    Philip Banse: Die Initiatoren wollen den Volksentscheid trotz der Veröffentlichung durchziehen, weil sie Rechtssicherheit haben wollen. Der Initiator des Volksentscheids Thomas Rudek will einfach sicher gehen, dass wirklich alle Bestandteile der Wasserverträge offen gelegt werden:

    "Darum begnügen wir uns nicht damit, was Wowereit gestern gemacht hat. Er hat offen gelegt, aber nicht per Gesetz. Und er hat auch nur die Verträge offen gelegt, nicht Beschlüsse und Nebenabreden. Und damit wir auf der sicheren Seite sind, sagen wir: Das Gesetz muss her. Wir machen ja mit einem Volksentscheid ein rechtsverbindliches Gesetz. Und dann sind wir sicher, dass auch wirklich alles veröffentlicht wird."

    Banse: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, SPD, sagt dazu: Jetzt sei wirklich alles veröffentlicht, ein Gesetz sei nicht mehr nötig.

    Theo Geers: Wie viel ist Wasser teurer geworden und um wie viel?

    Ja. Die Berliner Wasserbetriebe wurden 1999 knapp zur Hälfte an RWE und Veolia verkauft. Von 2001 dann bis heute ist Trinkwasser um 35 Prozent teurer geworden. Damit ist Trinkwasser in Berlin heute so teuer wie kaum irgendwo sonst in Deutschland. Die Initiatoren des Volksentscheids machen die üppigen Gewinngarantien in den Wasserverträgen dafür verantwortlich. Nach Berechnungen ihren haben die beiden privaten Investoren Veolia und RWE seit dem Kauf rund 1,3 Milliarden Euro Gewinn eingestrichen - deutlich mehr, als ihnen für ihren 49,9 Prozent- Anteil zugestanden hätte.

    Geers: Berliner Trinkwasser ist sehr teuer, private Investoren verdienen - was soll jetzt passieren?

    Banse: Berlins Wirtschaftssenator Wolff von der Linkspartei will die strittigen Wasserverträge nach verhandeln:
    "Wir verhandeln mit den Privaten. Wir wollen, dass die Preise gesenkt werden, sie sind überhöht. Mein Ziel ist, dass wir spätestens im nächsten Jahr zu einer Preissenkung kommen und auch zu einer Veränderung der Verträge."

    Banse: Dafür fehlen dem hoch verschuldeten Land aber die Druckmittel, entgegen Kritiker. Auch ein Rückkauf der privaten Hälfte der Wasserbetriebe steht wohl nicht an. Zwar schloss Klaus Wowereit das nicht aus:

    "Wenn Gesellschafter, die jetzt da sind, sagen, sie haben ihr Engagement erfüllt und wollen es vielleicht beenden, dann wir das Land Berlin selbstverständlich auch diese Möglichkeiten prüfen."

    Banse: Das Gelächter im O-Ton entstand, weil eine Frau neben Wowereit gleich heftig den Kopf schüttelte. Das war Petra Warnecke vom privaten Investor Veolia, der also offenbar seine Anteile gar nicht verkaufen will. Einen Rückkauf halten die Initiatoren des Volksentscheids nicht für gut:

    "Es ist jetzt ja bereits in der Presse signalisiert worden, dass man für die Rückkaufsumme für die 49,9 Prozent zwei bis drei Milliarden Euro veranschlagt. Man muss wissen: RWE und Violia haben damals nur 1,8 Milliarden Euro bezahlt. Sie haben seitdem schon 1,3 Milliarden Euro an Gewinn aus unseren Taschen heraus gepumpt und jetzt sollen sie noch mal mit zwei bis drei Milliarden Euro abgefunden werden? Das ist ein schlechter Scherz."

    Statt zu lachen, plant Thomas Rudek vom Berliner Wassertisch deswegen schon ein neues Volksbegehren. Ziel diesmal: Die Rekommunalisierung aller Berliner Versorgungsbetriebe - ganz ohne Entschädigung wird aber auch das nicht gehen.