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Zulassung zu Universitäten in Frankreich
Französische Studienbewerber planen Proteste

In Frankreich soll der Zugang zu den Hochschulen neu geregelt werden. Das Reformprojekt wird nächste Woche im Ministerrat besprochen. Doch bei mehreren Gewerkschaften von Studierenden und Schülern stößt der aktuelle Text auf herbe Kritik. Sie fordern mehr Unterstützung für Erstsemester.

Von Suzanne Krause | 16.11.2017
    Studenten im Innenhof der Universität Sorbonne Paris.
    Studierende im Innenhof der Universität Sorbonne in Paris. (picture-alliance / dpa)
    Im Pariser Büro des FIDL, des 'unabhängigen Verbands der Gymnasiasten', werden die heutigen Protestaktionen vorbereitet. Das extra gedruckte Flugblatt verkündet in fetten Lettern: 'Nein zum Regierungs-Plan für den Universitäts-Zugang'.
    Zwar müssen sich studienwillige Abiturienten weiterhin auf der staatlichen Online-Plattform einschreiben. Doch abgeschafft werden soll das Losverfahren, bei dem die letzten Plätze in überlaufenen Fächern vergeben werden. Also in Medizin, Sport, Jura und Psychologie. Im Reformentwurf steht, dass die Hochschulen künftig Mindestanforderungen festlegen, Vorkenntnisse, über die Studienbewerber verfügen sollen.
    Inés Torno kritisiert das Auswahlverfahren. Die 15-Jährige ist FIDL-Generalsekretärin:
    "Vorgesehen ist, dass die Universitäten Zugang zu sämtlichen Zeugnissen und Bewertungen eines Gymnasiasten erhalten. Jede Hochschule kann dann entscheiden, wen sie aufnimmt und wen nicht. Das bedeutet Selektion."
    "Es ist wichtiger, mehr für die Erstsemester zu tun"
    Das jedoch, sagt Inés Torno, kollidiere mit einem Grundwert der französischen Republik: Egalité. Die Chancengleichheit dürfe nicht in Frage gestellt werden, verlangen auch Dozenten-Gewerkschaften und Verbände von Studierenden wie die UNEF. Deren Vorsitzende Lila Le Bas erklärte im Radio:
    "Wenn jährlich 40.000 Erstsemester in die Hochschulen drängen, muss man mehr Plätze schaffen, mehr Mittel aufbringen. Was die Regierung uns heute aber anbietet, sind pädagogische Maßnahmen beim Uni-Einstieg für einige Wenige. Dabei brechen 60 Prozent im ersten Jahr ihr Studium ab. Es ist wichtiger, mehr für die Erstsemester zu tun statt beim Unizugang auf Vorauswahl zu setzen."
    Für die Umsetzung der geplanten Reform verspricht die Regierung eine Milliarde Euro zusätzliche Mittel. Zu wenig, monieren die Reform-Gegner. Denn zu Semesterbeginn 2018 rechnen die Hochschulen erneut mit einer Bewerber-Rekordzahl. Deshalb setzt Premierminister Edouard Philipp auf eine Selektion.
    "Unser Ziel ist nicht, dass die Universität Bewerbern Nein sagt. In den meisten Fällen wird sie Ja sagen. Und in einigen Fällen wird sie sagen: Ja, wenn. Wenn jemand zu einem spezifischen Parcours bereit ist, der ihm ein erfolgreiches Studium seines Wahlfachs ermöglicht."
    Empfehlungen der Lehrer sollen berücksichtigt werden
    Mit Parcours meint die Regierung: Ausbildungsweg. Betreffs der jeweiligen Gestaltung bittet Hochschul-Ministerin Frédérique Vidal Studienbewerber um ihr Vertrauen.
    "Spezifisch angepasst bedeutet keinesfalls, dass jeder, der ein sehr gefragtes Fach studieren will, ein Vorbereitungsjahr absolvieren muss. Bei einem Fachabiturienten, der schon über praktische Kenntnisse verfügt, kann es bedeuten, ihn beim Erwerb der Theorie konkret zu unterstützen."
    Bei Bewerbungen vor allem für überlaufene Studienfächer sollen die Hochschulen künftig auch die Empfehlungen berücksichtigen, die Lehrer ihren Abiturienten gegeben haben. Inés Torno vom Gymnasiasten-Verband FIDL wirft ein: nicht jeder Lehrer könne die Fähigkeiten all seiner Schüler richtig einschätzen. Zudem sei er für die Beratung nicht geschult, sagt Inés Torno.
    "Am Gymnasium sollte es für jeden mehr als einen Pflichttermin bei der Berufsberatung geben. Man könnte auch Gymnasiasten für ein oder zwei Wochen Schnupperkurs an die Uni schicken. Oder Hochschuldozenten in die Klasse holen, die über die unterschiedlichen Studienzweige aufklären."