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18 Stunden Quentin Tarantino

Zum 20-jährigen Filmschaffen des US-amerikanischen Kultregisseurs Quentin Tarantino ist eine DVD-Box mit allen sieben Regiearbeiten erschienen. Außerdem ist Bonusmaterial enthalten, das seine Arbeitsweise zeigt und schildert.

Von Marietta Schwarz | 10.01.2013
    Ein Gespräch über Musik, Madonna und Sex. Kurz darauf ist der nie erwähnte Raubüberfall schiefgelaufen. Ein Einstieg, wie er nur von Quentin Tarantino kommen kann.

    "Glaubst du wirklich, wir sind reingelegt worden? / Ich denke nicht nur, dass wir reingelegt wurden, ich weiß es. Was glaubst du denn, wo die Bullen auf einmal herkamen? Erst sind sie nicht da. Und dann sind sie da. Hast du irgendwelche Sirenen gehört?"

    "Sie reden wie meine Freunde einfach über Blödsinn, was Filmcharaktere normalerweise nicht machen. Denn die sprechen meist von der Handlung. Aber echte Gangster faseln nicht immer über ihr nächstes Ding und polieren ihre Kugeln."


    Scheinbar sinnlose Dialoge und hemmungslose Gewalt, gepaart mit 70er-Jahre Musik und einer gegen den Strich gebürsteten Dramaturgie. So revolutioniert Quentin Tarantino Anfang der 90er-Jahre das Kino. Wichtig für Tarantinos Karriere: Co-Produzent Richard Gladstein, der in einer zweistündigen Dokumentation zu Wort kommt. Er war es, der Hollywood-Tycoon Harvey Weinstein zwang, das Skript zu "Pulp Fiction" zu lesen.

    "Zwei Stunden später ruft mich Harvey aus dem Flugzeug an und sagt: Oh, mein Gott! Diese erste Szene ist einfach genial. Bleibt es so gut? Ich sage: Ja" Und er meint: Bleib im Büro! Eine Stunde später ruft er wieder an: Spinnt Ihr? Ihr bringt die Hauptfigur mitten im Drehbuch um!? Seid ihr total durchgeknallt? Und ich sage: Lies einfach weiter! Und er: Mein Gott, der kommt wieder, stimmt´s? Harvey, lies einfach weiter! Und er sagt: Fang an zu verhandeln!"


    Für Tarantinos Freund und Regiekollegen Robert Rodriguez beginnt mit "Pulp Fiction" eine neue Filmepoche.

    "Es war eine neue Independentwelle, wie es seit 20 Jahren keine gegeben hatte. Das war zuletzt mit Coppola und George Lucas passiert, als 'Easy Rider' erschien und die Leute nicht mehr wussten, was die Jugend wollte. Und 'Pulp Fiction' war der 'Easy-Rider-Film' der 90er-Jahre."

    Auf Stars verzichtet der Regisseur meist: John Travolta ist am Tiefpunkt seiner Karriere, als ihn Tarantino für "Pulp Fiction" engagiert. Pam Grier alias "Jackie Brown" kennen nur noch ältere Kinogänger, als sie dem Waffenschieber Ordell ihre Pistole ins Zentrum seiner Gedanken setzt. Hier im Original.

    "Are you scared of me? You got any reason of being nervous? / Klick, klick. / Is that what I think it is? / What do you think it is? / I think it is a gun pressed up against my dick. / You thought right. Now, take your hands from around my throat, nigger!"

    Mit "Kill Bill" gelingt Quentin Tarantino ein Geniestreich, indem er drei Genres miteinander verbindet: Gangsterfilm, Kung-Fu-Film und Italo-Western. Wobei der Filmemacher sich durchaus auch von seinen Schauspielern inspirieren lässt. Die Idee zur Anfangsszene – eine Braut, die blutüberströmt in der Kirche liegt - stammt nämlich von Uma Thurman. Die DVD-Box bietet 18 Stunden hochexplosives Kino. Aber wichtiger noch für Filmfreunde ist das exzellente Bonusmaterial, das Tarantinos Arbeitsweise zeigt und schildert, warum er zu einem der prägnantesten Filmemacher der letzten Dekaden wurde, der sich um historisch Fakten nicht kümmert und in "Inglourious Basterds" einfach die komplette Nazielite in einem Pariser-Kino cineastisch umbringt. Genial!

    "Marelle, brenne es nieder! Flammen / Lachen. / Panik / Knall."