Auf den Tag genau 60 Jahre ist es her, dass in der italienischen Hauptstadt die Fundamente der späteren EU gelegt wurden. Damals unterzeichneten Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Länder die Römischen Verträge. Heute haben die nach dem bevorstehenden Austritt Großbritanniens verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten ihr Bekenntnis zum Staatenbund bekräftigt.
Sie unterzeichneten eine Erklärung, die das Versprechen der EU auf Frieden, Freiheit und Wohlstand erneuern soll. EU-Kommissionschef Juncker benutzte dafür denselben Stift, mit dem der Vertreter seines Heimatlandes Luxemburg vor 60 Jahren die Gründungsdokumente unterschrieben hatte. "Es gibt Unterschriften, die andauern", sagte er.
Juncker appellierte an die Staats- und Regierungschefs, die EU mit weniger Pessimismus zu betrachten. Er sagte: "Wir sind ungenügend stolz auf das Erreichte." Nach zwei Weltkriegen habe Europa die Kraft zum fast ewigen Frieden gefunden. Man müsse jetzt dafür sorgen, dass dies so bleibe. Nicht nur der Brexit, sondern auch nationalistische Tendenzen in anderen Ländern, die Eurokrise und die Uneinigkeit über den Umgang mit Flüchtlingen sind Herausforderungen für die Europäische Union.
Tusk tritt als leidenschaftlicher EU-Verfechter auf
EU-Ratspräsident Donald Tusk erinnerte in seiner Eröffnungsrede daran, dass die Gründungsväter der Union kurz nach dem Zweiten Weltkrieg trotz der "tragischen Umstände der jüngsten Geschichte ihren ganzen Glauben in die Einheit Europas gesteckt" hätten. Sie hätten weder über "verschiedene Geschwindigkeiten diskutiert", noch sich mit Austrittsgedanken beschäftigt. Europa als politische Einheit werde es entweder vereint oder gar nicht geben.
Auf Twitter schrieb der Pole Tusk: "Ich habe mehr als mein halbes Leben hinter dem Eisernen Vorhang verbracht. Es war verboten, überhaupt von diesen Werten zu träumen. Das war wirklich ein Europa der zwei Geschwindigkeiten."
Kanzlerin Merkel, ihrerseits Verfechterin eines Europas der verschiedenen Geschwindigkeiten, hob die Bedeutung von Religionsfreiheit, Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit hervor. Es gebe Dinge, die seien unveräußerlich: der Binnenmarkt und die Grundfreiheiten. "Das macht uns stark. Dabei gibt es auch keinerlei Abstriche."
Tausende demonstrieren für und gegen die EU
Parallel zum Jubiläumstreffen gingen in vielen europäischen Städten Menschen für die europäische Idee auf die Straße. In Rom demonstrierten aber auch EU-Gegner. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort, aus Angst vor Ausschreitungen blieben viele Geschäfte geschlossen oder verbarrikadiert.
In London protestierten Tausende Menschen gegen den Brexit und für den Verbleib Großbritanniens in der EU. Die britische Premierministerin Theresa May will kommenden Mittwoch offiziell den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU einleiten. Sie war bei den Jubiläumsfeiern in Rom nicht mehr dabei.
In Berlin kamen etwa 4000 Menschen zu einer Kundgebung für ein freies und geeintes Europa. In Warschau sangen tausende Demonstranten die Europahymne und schwenkten polnische und Europa-Fahnen. Polen hatte zuletzt immer wieder Konflikte mit den EU-Partnern ausgetragen.
(vic/mw)