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70 Jahre CDU
Wenig Zeit zum Feiern

Wahrscheinlich hätte sich die CDU einen ruhigeren Moment für ihre Geburtstagsfeier gewünscht. Dass der 70. inmitten der Griechenland-Turbulenzen begangen wurde, hielt viele Mitglieder zwar nicht vom Feiern ab, aber einige waren auch schnell wieder weg. CDU-Chefin Angela Merkel ließ die Parteigeschichte Revue passieren, und auch die Schwesterpartei CSU sorgte für Freude.

Von Katharina Hamberger | 29.06.2015
    Angela Merkel auf einem Videobildschirm im Berliner E-Werk, links daneben der Text "70 Jahre gemeinsam für Deutschlands Zukunft."
    CDU-Chefin Angela Merkel spricht beim Festakt zum 70. Geburtstag ihrer Partei in Berlin. (dpa / Wolfgang Kumm)
    Klassische Musik im Berliner E-Werk. Früher ein Umspann-Werk. Und in den 1990-ern ein Club, der als prägend für den deutschen Techno gilt. Gefeiert wurde hier als schon genug. Aber für die Christdemokraten heißt es heute: den 70. Geburtstag feiern in Zeiten der Euro-Krise. Die Laune will man sich trotzdem nicht verderben lassen. Das Leben habe nun mal verschiedene Facetten, sagt Julia Klöckner, CDU-Vize und Landeschefin in Rheinland-Pfalz:
    "Bei dieser Feierlaune geht es aber auch um Geschichte, und in dieser Geschichte wurde deutlich, in den 70 Jahren, dass es immer wieder Situationen gab, die nicht so gut aussahen in der Geschichte Deutschlands, und ich glaube, so ist es auch innerhalb Europas, dass wir eben im Blick haben müssen, mit welcher Kraft wir eben in die Zukunft schauen, und bei der Rede der Kanzlerin wird es sicher auch um Griechenland gehen."
    Deshalb wird auch diese Rede mit Spannung erwartet. Andere wiederum sagen das, was viele wohl versuchen, angesichts der Feier außen vor zu lassen: Man habe eben doch anderes im Kopf - die Tagespolitik. Trotzdem ist es voll im schwül-heißen E-Werk, als CDU-Generalsekretär Peter Tauber den Festakt eröffnet. Er stellt einen Film vor, der wohl der emotionale Höhepunkt sein soll, in dem elf CDU-Mitglieder, alt und jung, erzählen, warum sie in die Partei eingetreten sind.
    Junger Mann: "Und jeder hat eine eigene Geschichte. Jeder hat etwas anderes, was ihn antreibt, in unserer Partei mitzumachen."
    Junge Frau: "70 Jahre CDU sind ja noch nicht so viel. Wir fangen ja gerade erst an quasi."
    Ältere Frau: "Man kann nicht zu Hause sitzen; wenn man für sein Land was tun will, muss man mitmachen."
    Vier Protagonisten des Films dürfen sich anschließend noch vorstellen, bevor im ehemaligen Techno-Schuppen der nächste Programmpunkt folgt. Auch die kleine Schwester der CDU gratuliert.
    "Nun sagen ja manche, für die Familie kann man nix. Die Geschwister sucht man sich nicht unbedingt nicht immer aus", sagt die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt und erinnert an gute und schwierige Zeiten der Union zwischen CDU und CSU. Dazu zählt der Kreuther Beschluss von 1976. Maßgeblich daran beteiligt: Franz Josef Strauß. Und mit einem Zitat von genau jenem schließt sie auch:
    "Dankbar rückwärts, mutig vorwärts und gläubig aufwärts. Alles Gute der CDU."
    Griechenland durch die Blume
    Dann der Moment, dass die Partei-Vorsitzende in einem Corall-farbenen Blazer die Bühne betritt. Angela Merkel lässt die vergangenen 70 Jahre Revue passieren und schneidet auch aktuelle Herausforderungen der Gegenwart an. Natürlich auch Griechenland. Auch wenn sie nur einmal direkt davon spricht, ansonsten durch die Blume:
    "Wenn diese Fähigkeit zum Finden von Kompromissen verloren geht, dann ist Europa verloren. Und in diesem Sinne ist auch der Satz zu verstehen, den ich schon des Öfteren gesagt habe: Scheitert der Euro, scheitert Europa."
    Einwanderung, Digitalisierung - das sind weitere Themen, die Merkel anspricht. Jedoch wird man das Gefühl nicht los: In Gedanken ist sie schon im Kanzleramt, wo sie sich mit den Fraktionsvorsitzenden trifft, um über Griechenland zu sprechen. Nach zwei Stunden ist der Festakt vorbei. Manche Gäste haben noch kurz Zeit die Veranstaltung Revue passieren zu lassen.
    "Ja, ich fand das sehr würdig, sehr angenehm, mit der nötigen Ernsthaftigkeit, aber auch mit einer schönen Fröhlichkeit", sagt Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl und eilt davon. Wie die meisten. Zum Feiern bleibt in solchen Tagen dann eben doch nicht viel Zeit.